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Mutiertes Gen verursacht Kleinwuchs bei Babys

Archivmeldung vom 16.02.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.02.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bei der Auswertung der Ergebnisse: Prof. Dr. Hubert Schorle und Neha Sharma vom Institut für Patholo
Quelle: © Foto: Simon Schneider/Labor Schorle (idw)
Bei der Auswertung der Ergebnisse: Prof. Dr. Hubert Schorle und Neha Sharma vom Institut für Patholo Quelle: © Foto: Simon Schneider/Labor Schorle (idw)

Wenn Babys zu klein geboren werden, kann eine Störung der Plazenta der Grund sein. Betroffene haben später ein höheres Risiko, zum Beispiel an Fettleibigkeit oder Diabetes zu erkranken. Ein Forscherteam unter Federführung von Pathologen des Universitätsklinikums Bonn hat nun an Mäusen die Ursachen dieser Kleinwüchsigkeit erforscht: Ohne das Gen für den Transkriptionsfaktor TFAP2C ist eine normale Entwicklung der Plazenta nicht möglich. Die Ergebnisse sind vorab online veröffentlicht, die finale Fassung wird in der Ausgabe des Fachjournals „Development“ am 29. Februar erscheinen.

Bei etwa fünf von 100 Geburten sind die Babys zu klein und zu leicht. „Solche Kinder tragen ein erhöhtes Risiko, später von Fettleibigkeit, Diabetes sowie neurologischen und Herzkreislauf-Erkrankungen betroffen zu sein“, sagt Prof. Dr. Hubert Schorle vom Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB). Eine Ursache für den Kleinwuchs im Mutterleib, der sogenannten ‚intrauterinen Wachstumsretardierung’, können Störungen bei der Entwicklung und Reifung der Plazenta sein. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Transkriptionsfaktor TFAP2C. Transkriptionsfaktoren sind für das Auslesen der Blaupause im Erbgut und die Umsetzung dieser Baupläne in Stoffwechselprozesse verantwortlich.

TFAP2C ist für die Entwicklung der Plazenta aus Trophoplasten-Stammzellen von entscheidender Bedeutung. „Ob TFAP2C auch in der späteren Plazenta-Entwicklung wichtig ist, war bislang unklar“, sagt Erstautorin Neha Sharma aus dem Team von Prof. Schorle. Die Wissenschaftler haben mit ihren UKB-Kollegen vom Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie sowie der Universität Duisburg-Essen und dem Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg solche Störungen der Plazenta modellhaft an Mäusen untersucht.

Mit abgeschaltetem Gen waren die Mäuse um 19 Prozent leichter

Das Forscherteam schaltete in den Nagetieren gezielt das Gen für den Transkriptionsfaktor aus. Die Entwicklung der Plazenta war daraufhin stark beeinträchtigt. „Die Embryonen verkümmerten, starben aber nicht“, berichtet Prof. Schorle. „Demzufolge ist ohne TFAP2C eine normale Entwicklung der Plazenta nicht möglich.“ Die betroffenen Mäuse waren im Schnitt rund 19 Prozent leichter als ihre gesunden Artgenossen, weil sie weniger gut mit Nährstoffen versorgt waren.

Die Wissenschaftler untersuchten auch menschliche Plazenta-Zelllinien und fanden ganz ähnliche Effekte, wenn sie die Menge an TFAP2C-Protein herabregulierten. Ein Verlust des Transkriptionsfaktors beeinträchtigt nach den Erkenntnissen des Forscherteams den Aufbau von Energiespeichern in der Plazenta, die für die Ausreifung des Fötus kurz vor der Geburt wichtig sind. Darüber hinaus ist TFAP2C für das Wachstum und die Differenzierung des Trophoblasten mitverantwortlich, der die Verbindung zur Gebärmutterwand herstellt.

Hoffnung auf neue Therapien

Das Forscherteam fragt sich nun, welche Folgen eine gestörte Plazenta-Entwicklung langfristig auf die Nachkommen hat. Prof. Schorle: „Wer mit zu geringem Gewicht geboren wird, holt kurz nach Geburt den Wachstumsrückstand auf. Aber durch die Unterernährung im Mutterleib erfolgt auf molekularer Ebene eine Umprogrammierung der Aktivität von verschiedenen Genen, die später zu den beschriebenen gesundheitlichen Risiken führt.“ Der Zusammenhang zwischen der intrauterinen Wachstumsretardierung und den gesundheitlichen Folgen im Erwachsenenalter kann nun mit diesem Modell intensiv untersucht werden. Die Forscher haben sogar einen Ansatzpunkt geschaffen, um mögliche Behandlungen solcher Beeinträchtigungen zu testen. Um die mangelnde Versorgung durch die Plazenta zu kompensieren, sollen den Muttertieren während der Schwangerschaft zusätzliche Nährstoffe mit dem Futter zugeführt werden. Es sei aber noch ein weiter Weg, bis solche Behandlungen für den Menschen verfügbar sind.

Publikation: TPBPA mediated deletion of TFAP2C leads to deregulation of MAPK, P21, AKT and subsequent placental growth arrest, Fachjournal “Development”, DOI: 10.1242/dev.128553

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (idw)

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