Immer mehr Kinder und Jugendliche in Therapie wegen Corona-Lockdown
Archivmeldung vom 17.04.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićKinder und Jugendliche in Deutschland werden deutlich häufiger als vor dem Lockdown in Notaufnahmen von Kinder- und Jugendpsychiatrien (KJP) vorstellig. Schwere Depressionen, Angststörungen, akute suizidale Gefährdungen und andere Krankheitsbilder haben bei ihnen vor allem ab dem vierten Quartal 2020 zugenommen, wie es aus Anfragen der "Welt" bei deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrien hervorgeht.
Professor Tobias Renner, Ärztlicher Direktor der KJP am Uniklinikum Tübingen, sagte der "Welt", im vierten Quartal 2020 sei seine Notfallversorgung "so stark beansprucht wie nie zuvor" gewesen. Es habe dort "eine Steigerung der Aufnahmen von mehr als 30 Prozent" gegeben. Die Notfallquote betrage für diesen Zeitraum 86 Prozent.
"Das heißt, 86 Prozent der stationär behandelten Kinder und Jugendlichen kamen in der akuten Krise." Die meisten seien "akut suizidgefährdet" gewesen. Bei akut behandlungsbedürftiger Magersucht "lag der Anstieg bei 100 Prozent gegenüber dem Vorjahr". Reta Pelz, Chefärztin in der KJP der Mediclin-Klinik in Offenburg, sagte: "Seit Januar sind wir durchweg um 110 bis 120 Prozent überbelegt." Die Schwere der Störungsbilder habe zugenommen. "Kinder, die aus einer tiefen Traurigkeit nicht mehr rauskamen, die keinen Grund zum Weiterleben, keine Perspektive entwickeln können, sahen wir mehr als sonst." Und: "Momentan erleben wir eine massive Zunahme von Essstörungen, vor allem bei Mädchen. Von 2020 auf 2021 hat sich das verdoppelt, wenn nicht verdreifacht. Im stationären Bereich macht dieses Störungsbild 40 Prozent der Patienten aus." Ähnliches berichten Chefärzte weiterer Kinder- und Jugendkliniken etwa in Berlin, Leipzig, München, Klingenmünster in der Pfalz, Westfalen/Lippe oder dem niedersächsischen Königslutter.
Quelle: dts Nachrichtenagentur