Studienergebnisse über die Langzeitwirkung der Neuro-Musiktherapie bei Tinnitus
Archivmeldung vom 17.08.2011
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtTinnitus – das Hören eines Pfeifens, Zischens, Rauschens oder Brummens ohne äußere Lärmquelle – hat mittlerweile das Ausmaß einer Volkskrankheit angenommen. Mehr als 4% aller Deutschen leiden darunter und ca. 1,5 Millionen Menschen in Deutschland gelten als behandlungsbedürftig, so die Angaben laut offizieller Prävalenzuntersuchungen (vgl. Streppel et al. 2006). Die Zahl der Menschen, die unbemerkt von der Öffentlichkeit an chronischen Ohrgeräuschen leiden, wird noch um ein Vielfaches höher eingeschätzt.
Die therapeutische Behandlungssituation war bisher unbefriedigend. Denn sobald die Ohrgeräusche das akute Stadium überdauern, werden viele Patienten mit Aussagen „Damit muss man leben!“ oder „Hören Sie einfach nicht hin!“ konfrontiert.
Das Viktor Dulger Forschungsinstitut am Deutschen Zentrum für Musiktherapieforschung e.V. in Heidelberg hat jetzt eine vielversprechende und wissenschaftlich untermauerte Therapieform entwickelt. Seit 2006 werden dort in Kooperation mit der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität Heidelberg Tinnituspatienten neuro-musiktherapeutisch behandelt. Dieses Verfahren wurde u.a. mit Hilfe bildgebender Verfahren, wie der funktionellen Magnetresonanz-Tomographie (fMRT), überprüft.
Das Heidelberger Musiktherapiemanual für chronisch tonalen und nicht-tonalen Tinnitus ist entsprechend den aktuellen Erkenntnissen der Neurophysiologie und Neuropsychologie multimodal aufgebaut. Das bedeutet, dass verschiedene, sich ergänzende und aufeinander aufbauende musik- und psychotherapeutische Behandlungselemente integriert werden. Ein zentrales Ziel der Therapie nach dem Heidelberger Modell ist nicht das Weghören, sondern – ganz im Gegenteil – die bewusste Auseinandersetzung mit den Ohrgeräuschen. Denn nur so kann in einem zweiten Schritt die aktive Steuerung und Kontrolle der Symptomatik seitens der Patienten erreicht werden.
Mittlerweile wurden an der Tinnitusambulanz am DZM in Heidelberg über 800 Patienten mit chronischem Tinnitus behandelt. Insgesamt zeigen ca. 80% der Patienten unmittelbar nach der Therapie eine deutliche Verbesserung ihrer Tinnitussymptomatik bis hin zum völligen Verschwinden der Ohrgeräusche.
Um zu untersuchen, ob diese Therapieerfolge auch über einen längeren Zeitraum hinweg stabil sind, wurde in den Jahren 2010 – 2011 eine Langzeitstudie durchgeführt, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Dabei wurden 206 ehemalige Patienten untersucht, die zwischen 2004 und 2009 in Heidelberg waren.
Ergebnisse:
• Die Nachuntersuchungsspanne liegt bei 1 bis 6 Jahren (Durchschnitt 2,65 Jahre).
• Bei 76% aller behandelten Tinnituspatienten hat sich die Tinnitusbelastung (gemessen mit dem Tinnitusfragebogen nach Goebel und Hiller) durch die Therapie deutlich und nachhaltig reduziert.
• Diese dauerhaften Therapieerfolge sind unabhängig davon, wie lange die Krankheitsdauer vor Beginn der Therapie bestand oder welche Klangqualität (Pfeifen oder Rauschen) die Ohrgeräusche hatten.
• 87% aller behandelten Patienten sind mit der Therapie sehr zufrieden.
• 71% aller behandelten Patienten benötigten nach der Heidelberger Musiktherapie keine weitere Tinnitusbehandlung mehr.
Die Musiktherapie nach dem Heidelberger Modell hat sich demnach als ein sehr wirksames und nachhaltiges Verfahren zur Behandlung des chronischen Tinnitus erwiesen.
Mehr Informationen für betroffene Patienten sind telefonisch erhältlich unter 06221 – 79 63 101 oder per E-Mail unter [email protected].
Um das Behandlungsangebot zu komplettieren, läuft derzeit am DZM eine Forschungsstudie zur Überprüfung einer neuro-musiktherapeutischen Behandlung bei akutem Tinnitus (d.h. bis zu einer max. Erkrankungsdauer von drei Monaten). Patienten, die an dieser Studie teilnehmen möchten, können sich telefonisch melden unter 06221-79 63 961 oder per E-Mail unter [email protected].
Quelle: Deutsches Zentrum für Musiktherapieforschung (Viktor Dulger Institut) DZM e.V.