ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus: Arzneimittel-Chemikalie DBP weist über 60-fache Grenzwertüberschreitung auf
Archivmeldung vom 06.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSchwangere Frauen und Eltern greifen aus gesundheitlichen Gründen gerne auf pflanzliche Arzneimittel zurück. Da diese Mittel meist kaum Nebenwirkungen haben, können sie nicht schaden, so eine viel verbreitete Meinung.
Ein Test des ARD-Magazins
"Plusminus" (Das Erste, 7. März 2006, 21.50 Uhr) hat ergeben, dass
dies eine fatale Fehleinschätzung sein kann, wenn die verabreichten
Medikamente neben den eigentlichen Wirkstoffen die Chemikalie
Dibutylphthalat (DBP) enthält.
Gemeinsam mit dem Institut für Umwelt- und Arbeitsmedizin der
Universität Erlangen untersuchte das ARD-Magazin Urinproben von neun
Männern und Frauen auf die Konzentration des gefährlichen
Weichmachers DBP in ihrem Körper. Er bewirkt, dass sich die
Inhaltsstoffe des jeweiligen Medikaments noch nicht im Magen
auflösen. Alle Testpersonen nahmen jeweils ein freiverkäufliches
pflanzliches Mittel gegen Erkältung ein. Das Ergebnis der
Untersuchung: Der Grenzwert der Europäischen Lebensmittelbehörde für
die Langzeiteinnahme von DBP wurde bis zu 63-mal überschritten. "Dies
ist eine Größenordnung, bei der man mit Gesundheitsschäden zu rechnen
hat", bewertet Prof. Dr. Jürgen Angerer das Plusminus-Testergebnis.
DBP wird von der Weltgesundheitsorganisation und der EU als
"frucht-und entwicklungsschädigend" eingestuft. In Babyartikeln,
Kosmetika und Spielzeug ist es mittlerweile verboten. Als sogenannter
Hilfsstoff in den Hüllen von Medikamenten ist DBP weiter zugelassen.
Insgesamt gibt es in Deutschland 51 Arzneimittel, in denen der
Hilfsstoff DBP enthalten ist. Rund die Hälfte davon ist frei
verkäuflich. Bei den Präparaten handelt es sich zum Beispiel um
Medikamente gegen Erkältungen, Bronchitis, Asthma, Schlafstörungen,
erhöhte Cholesterinwerte oder Eisenmangel. Einige davon sind im
Beipack-Zettel ausdrücklich als für Schwangere geeignet
gekennzeichnet.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte in Bonn will die "Plusminus"-Untersuchungsergebnisse
prüfen und dann über eine Einschränkung der Anwendung oder über neue
Hinweise auf den Packungsbeilagen von DBP-haltigen Arzneimitteln
entscheiden.
Eine vollständige Liste mit allen betroffenen Medikamenten wird
"Plusminus" am Dienstag (7. März 2006) im Internet veröffentlichen.
Quelle: Pressemitteilung ARD