Trotz Warnung: Weiter Kodein-Einsatz bei Kindern
Archivmeldung vom 18.11.2017
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEines von 20 privat versicherten Kindern in den USA hat nach häufig durchgeführten OPs, wie der Entfernung der Mandeln oder von Polypen, Kodein erhalten - und das trotz einer Black-Box-Warnung der U.S. Food and Drug Administration (FDA) hinsichtlich erheblicher Sicherheitsbedenken. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher der University of Michigan zusammen mit Kollegen der University of Chicago und der Harvard Medical School.
Reduktion reicht nicht aus
Die Warnung gegen den Einsatz von Kodein bei Kindern nach der Entfernung der Mandeln oder einer Polypen-OP, wurde 2013 ausgesprochen. Die Verschreibungen gingen deutlich zurück. Beendet wurde diese Praxis laut den in "Pediatrics" veröffentlichten Ergebnissen jedoch nicht vollständig. Laut Forschungsleiter Kao-Ping Chua ist das ein Anlass zur Besorgnis, da die Verabreichung nicht mehr vorgenommen werden sollte. "Wir müssen sicherstellen, dass Kinder nicht einem unnötigen Risiko ausgesetzt werden, wenn es sinnvolle Alternativen gibt."
Die Forscher haben ein nationales Sample von Stichproben von 362.992 privat versicherten Kindern analysiert, bei denen zwischen 2010 und 2015 die Mandeln oder Polypen entfernt wurden. Nach der FDA-Warnung nahm die Kodein-Verschreibung mit rund 13 Prozentpunkten deutlich ab. Trotzdem wurden fünf Prozent der Kinder im Dezember 2015, drei Jahre nach der Veröffentlichung der Warnung, immer noch Kodein verabreicht.
Alternativen nicht ungefährlich
Eine zusätzliche Analyse hat ergeben, dass der verringerte Einsatz von Kodein von einer Zunahme der Verschreibung starker Opioide wie Oxycodon oder Hydrocodon begleitet wurde. "Obwohl frei erhältliche Medkamente wie Ibuprofen gegen die Schmerzen nach diesen OPs durchaus wirksam sind, werden manche Kinder mit stärkeren Schmerzen diese Opioide brauchen. Das Problem besteht darin, dass es auch hier Sicherheitsbedenken und ein Missbrauchspotenzial gibt", betont Chua.
In der Vergangenheit wurde Kodein oft nach der Entfernung von Mandeln oder Polypen gegen Schmerzen bei Kindern eingesetzt. In den vergangenen Jahrzehnten erhielt die FDA jedoch mehrere Berichte von Atemdepression und Todesfällen. Bei den meisten der betroffenen Kinder handelte es sich um sogenannte ultraschnelle Metabolisierer, bei denen das Kodein in der Leber rasch in Morphin umgewandelt wurde. Die Folge waren gefährlich hohe Morphin-Werte im Blut. Laut Chua besteht das Problem darin, dass unbekannt ist, wie ein Patient Kodein abbaut. Daher bestehe bei jeder Verschreibung bei einem Kind ein hohes Risiko.
Quelle: www.pressetext.com/Moritz Bergmann