Gefahr für Speicheldrüsen durch gleichzeitige Radiochemotherapie
Archivmeldung vom 02.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine Gefahr für die Speicheldrüsen onkologischer Patienten durch eine gleichzeitige Radiochemotherapie erkannten Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Für ihre Erkenntnisse wurden sie mit dem Wrigley Prophylaxe Preis (2. Platz) ausgzeichnet.
Bei Patienten, die mit einer simultanen
Radiochemotherapie (Bestrahlung und Chemotherapie) behandelt wurden,
ist die Schadenswahrscheinlichkeit der Speicheldrüsen im Mundbereich
wesentlich erhöht. Diese Wahrscheinlichkeit nimmt mit zunehmender
Strahlendosis deutlich zu. Patienten mit kombinierter
Radiochemotherapie unterliegen somit einem höheren Risiko, infolge der
onkologischen Behandlung unter einer sehr unangenehmen Mundtrockenheit
zu leiden. Dies ist das Ergebnis eines halleschen Forschungsprojektes,
welches gerade auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Zahnerhaltungskunde (DGZ) mit dem Wrigley Prophylaxe Preis (2. Platz)
ausgezeichnet worden ist.
Die Arbeitsgruppe der Medizinischen Fakultät der
Martin-Luther-Universität war interdisziplinär besetzt. Jeremias Hey
(Universitätspoliklinik für Zahnärztliche Prothetik), Dr. Reinhard
Gerlach (Universitätsklinik und Poliklinik für Strahlentherapie), Dr.
Christian Gernhardt (Universitätspoliklinik für Zahnerhaltungskunde und
Parodontologie) und PD Dr. Thomas Kuhnt (ebenfalls Universitätsklinik
und Poliklinik für Strahlentherapie) führten klinische Untersuchungen
zur Auswirkung einer simultanen Radiochemotherapie im Vergleich zur
alleinigen Radiotherapie (Bestrahlung) auf den Funktionsverlust der
großen Kopfspeicheldrüsen, den Glandulae parotideae, durch.
Eine moderne Radiochemotherapie im Kopf-Hals-Bereich steigert im
Vergleich zu einer alleinigen Radiotherapie die Tumorzellvernichtung
und damit die lokale Tumorfreiheit, erbringt jedoch leider auch erhöhte
unerwünschte akute Nebenwirkungen im umliegenden Normalgewebe. Ob und
in welcher Stärke diese gesteigerten Wirkungen auch die im Strahlenfeld
liegenden Speicheldrüsen betreffen, wurde bisher nicht systematisch
untersucht. Gegenstand der ausgezeichneten Untersuchung war es, die
zusätzliche Auswirkung der simultanen Radiochemotherapie mit dem
Chemotherapeutikum Cisplatin im Vergleich zu einer alleinigen
Radiotherapie auf den Funktionsverlust der großen Ohrspeicheldrüsen zu
quantifizieren. Angesichts der Ergebnisse muss davon ausgegangen
werden, dass bei Patienten, die mit einer simultanen Radiochemotherapie
behandelt wurden, die Schadenswahrscheinlichkeit der Speicheldrüsen
wesentlich erhöht wird und diese mit zunehmender Strahlendosis auch
exponentiell ansteigt.
Damit bei den betroffenen Patienten auch die sich daran anschließenden Folgestörungen, wie Schluckbeschwerden und bestrahlungsbedingte Karies mit Zahnausfall reduziert werden können, sollten die Ergebnisse der Arbeit zukünftig bereits bei der Bestrahlungsplanung Beachtung finden. Auch die zahnärztliche Supportivtherapie sollte diesen Sachverhalt durch eine weitere Intensivierung der Prophylaxemaßnahmen berücksichtigen.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.