Psychotherapie via Internet wirkt gleich gut oder besser wie im Sprechzimmer
Archivmeldung vom 30.07.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine Online-Psychotherapie ist ebenso effizient wie eine konventionelle Therapie. Drei Monate nach Therapieende haben Patientinnen und Patienten einer Online-Psychotherapie sogar weniger Krankheitssymptome. Klinische Forscher der Universität Zürich liefern zum ersten Mal einen wissenschaftlichen Beleg für die Gleichwertigkeit einer Psychotherapie mittels Internet.
Funktioniert eine Psychotherapie übers Internet? Klinische Forscher der Universität Zürich haben zum ersten Mal experimentell untersucht, ob Online-Psychotherapie und konventionelle Sprechzimmertherapie gleich wirksam sind. Anhand früherer Studien ging das Zürcher Team von der Gleichwertigkeit der beiden Therapieformen aus. Ihre Vermutung wurde nicht nur bestätigt, sondern die Ergebnisse der Online-Therapie haben ihre Erwartungen sogar übertroffen.
Sechs Therapeutinnen behandelten 62 Patientinnen und Patienten, wovon die meisten an einer mittelschweren Depression litten. Die Patienten wurden per Zufall je zur Hälfte einer Therapieform zugewiesen. Die Behandlung bestand aus jeweils acht Therapiesitzungen mit verschiedenen bewährten Techniken, die aus der kognitiven Verhaltenstherapie stammen und sich sowohl für die mündliche als auch die schriftliche Durchführung eignen. Patientinnen und Patienten der Online-Therapie mussten pro Therapieeinheit eine vorgegebene Aufgabe schriftlich bearbeiten – beispielsweise das eigene negative Selbstbild in Frage stellen. Sie waren mit ihrer Therapeutin namentlich bekannt.
Online-Therapie mittelfristig sogar wirksamer
«In beiden Gruppen verringerten sich die Depressionswerte deutlich», fasst Prof. Andreas Maercker die Studienergebnisse zusammen. Zum Therapieende wurde bei 53 Prozent der Patientinnen und Patienten der Online-Therapie keine Depression mehr diagnostiziert – bei der Sprechzimmertherapie waren es 50 Prozent. Drei Monate nach Abschluss der Therapie verringerte sich die Depression von Patientinnen und Patienten der Online-Therapie sogar, während sich bei den konventionell Therapierten ein minimaler Rückfall zeigte: So konnte bei 57 Prozent der Patientinnen und Patienten aus der Online-Therapie keine Depression mehr festgestellt werden, während dies bei der konventionellen Therapie auf 42 Prozent der Teilnehmer zutraf.
Für beide Patientengruppen war die Zufriedenheit mit der Therapie und den Therapeuten etwa gleich hoch. 96 Prozent der Patienten der Online-Therapie und 91 Prozent der Teilnehmer einer konventionellen Therapie schätzten den Kontakt zur ihrer Therapeutin als «persönlich» ein. Bei der Online-Therapie nutzen die Patientinnen und Patienten die Therapiekontakte und nachfolgenden Hausaufgaben in der Regel sehr intensiv, um persönlich weiter zu kommen. Sie gaben beispielsweise an, die Korrespondenz mit ihrer Therapeutin immer mal wieder durchgelesen zu haben. «Mittelfristig weist die Online-Psychotherapie sogar die bessere Bilanz auf. Unsere Studie ist ein Beleg dafür, dass psychotherapeutische Angebote im Internet eine wirksame Ergänzung des Therapieangebots sind», schlussfolgert Andreas Maercker.
Quelle: Universität Zürich (idw)