EU-Gesundheitskommissar Dalli: Jede zehnte Krankenhausbehandlung ist schädlich
Archivmeldung vom 10.01.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach Angaben der EU-Kommission in Brüssel schadet jede zehnte Behandlung im Krankenhaus den Patienten. "In der Europäischen Union entsteht bei jeder zehnten medizinischen Behandlung im Krankenhaus ein Schaden für die Patienten. Viele dieser medizinischen Behandlungsfehler sind vermeidbar", sagte EU-Gesundheitskommissar John Dalli der Tageszeitung "Die Welt".
So könnten etwa ein besseres Management in den Krankenhäusern und eine permanente Weiterbildung des Personals Abhilfe schaffen. Dalli, der ebenso wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) angehört, forderte die Mitgliedsländer auf, die Rechte von Patienten bei Behandlungsfehlern zu verbessern: "Wir fordern, dass medizinische Behandlungsfehler von den zuständigen Behörden erfasst werden, dass Klagen erleichtert und Entschädigungen für die Betroffenen sichergestellt werden." In Deutschland gibt es weder ein Melderegister bei Behandlungsfehlern noch ein
Patientenrechtegesetz.
Die Hygienesituation in Krankenhäusern bezeichnete Dalli als "alarmierend". "Die Europäische Kommission erwartet, dass die Krankenhäuser die Hygienemaßnahmen zum Wohle der Patienten konsequent sehr streng kontrollieren und höchste Sicherheitsstandards einhalten", so der EU-Gesundheitskommissar. Es dürfe in diesem Bereich nicht gespart werden, auch wenn viele Krankenhäuser zunehmend unter finanziellem Druck stehen. "Die Situation ist alarmierend. Rund 37.000 Menschen sterben pro Jahr in der EU durch Krankenhausinfektionen, und 4,1 Millionen Patienten werden jährlich durch Krankenhauskeime infiziert", erklärte Dalli. Der Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), Klaus-Dieter Zastrow, sagte in diesem Zusammenhang dem Blatt: "Bei vielen medizinischen Behandlungen werden die Mindeststandards der Hygiene nicht eingehalten. Es sterben viele Menschen, die nicht sterben müssten." Konkret beklagte Zastrow, der Chefarzt für Hygiene in den Berliner Vivantes-Kliniken ist: "Intensivstationen sind vor allem nachts nicht immer ausreichend besetzt, um die für das Wohl des Patienten notwendigen Hygienemaßnahmen durchzuführen. Das ist ein Problem." Zastrow forderte einheitliche Hygienevorschriften in Deutschland. "Der Gesetzgeber muss endlich handeln und in ganz Deutschland einheitliche Vorschriften zur Krankenhaushygiene erlassen. Bakterien sind überall gleich, für sie gibt es keine Unterschiede zwischen den Bundesländern." Um die Hygiene in Krankenhäusern zu verbessern, sei es notwendig, dass jedes Krankenhaus mit mehr als 450 Betten einen Facharzt für Hygiene beschäftigt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur