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Ämter können Corona-Infektionen nicht mehr zurückverfolgen

Archivmeldung vom 21.10.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.10.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Coronavirus (Symbolbild)
Coronavirus (Symbolbild)

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

In jeder zweiten besonders von der Pandemie betroffenen Kommune können die Gesundheitsämter eine Mehrzahl der Ansteckungen nicht mehr auf ein Ausbruchsszenario zurückführen. Das ergab eine Umfrage der "Welt" unter den 20 Kommunen, die zu Wochenbeginn die höchste Inzidenz aufwiesen.

Beispiel Berlin-Neukölln: Der Bezirk, der in der Hauptstadt am stärksten von der Pandemie betroffen ist, kann in zwei Dritteln der Fälle die Ansteckungen nicht mehr zuordnen. Auch aus den besonders betroffenen Landkreisen Berchtesgadener Land, Cloppenburg und Delmenhorst, sowie den Städten Frankfurt/Main, Offenbach, Augsburg, Solingen, Herne und Wuppertal heißt es, das Infektionsgeschehen sei diffus. Wo sich eine Person angesteckt habe, ist oft nicht nachzuvollziehen. Schriftlich und telefonisch fragte die "Welt" unter den Kommunen bis zu drei Hauptgründe für die hohe Inzidenz ab.

Am häufigsten nannten die Städte und Landkreise private Feiern wie Geburtstage oder Familienfeiern (achtmal), Schulen und Kitas (dreimal), Alten- und Pflegeheime (dreimal), Hochzeiten, Sportmannschaften, Flüchtlingsheime und Schlachthöfe (je zweimal) sowie je einmal den Arbeitsplatz und eine Religionsgemeinschaft. Auffällig: Keine Kommune nannte Bars und Restaurants als signifikanten Treiber hinter den Neuinfektionen. Abgefragt wurde auch die Situation bei der Nachverfolgung von Kontakten. Sieben Kommunen mit Sieben-Tage-Inzidenzen von mehr als 100 erklärten auf "Welt"-Anfrage, die Kontaktnachverfolgung sei weiterhin möglich. Aus fünf Kommunen hieß es, die Nachverfolgung funktioniere mit Verzug.

Lediglich der Berliner Bezirk Mitte erklärte, teilweise vor dem Punkt zu stehen, an dem eine Nachverfolgung nicht mehr möglich sei. Auch die Redaktion von RTL und n-tv hatte die Gesundheitsämter in deutschen Corona-Hotspots (Inzidenz über 50 je 100.000 Einwohner) befragt. Bewusste Falschangaben oder große Erinnerungslücken bei Corona-Infizierten führten demnach zu erheblichen Problemen in der Kontaktnachverfolgung. Von den 46 Gesundheitsämtern, die RTL/n-tv bis Dienstagnachmittag antworteten, gaben 18 Ämter entsprechende Probleme an. 21 Gesundheitsämter hatten keine oder nur geringe Probleme in der Kontaktnachverfolgung, sieben konnten dazu keine Angaben machen.

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (SPD) hatte zuletzt gewarnt, dass das Kölner Gesundheitsamt aufgrund von Falschaussagen oder Erinnerungslücken von Corona-Infizierten in 40 Prozent der Fälle nicht mehr zurückverfolgen könne, wo sich die Infizierten angesteckt hatten. Konkrete Angaben der nicht zu ermittelnden Kontakte (in Prozent) von Corona-Infizierten, aufgrund von Falschangaben oder Erinnerungslücken, machten die Ämter der Kreise Düren (46 Prozent), Frankfurt am Main (ca. 40 Prozent), Bonn (ca. 40 Prozent), Offenbach (36 Prozent), Rhein-Kreis Neuss (35 Prozent) und Marburg-Biedenkopf (23 Prozent). Ein Referent für Gesundheit der Stadt Augsburg nannte RTL/n-tv ein aktuelles Beispiel von Montag: "Von den gestrigen 106 neuen Covid-19-Fälle in den vergangenen 48 Stunden ist bei 73 Infektionen die Infektionsquelle unbekannt. Also rund 68 Prozent."

Demnach fehlt bei 32 Prozent die Quelle. Im Gesundheitsamt Düsseldorf habe man "teilweise ähnliche Erfahrungen gemacht wie beispielsweise in Köln" und auch aus Bonn hieß es, man könne die "Aussage aus Köln bestätigen". Große Feiern oder private Zusammenkünfte mit mehreren Menschen bleiben in der Kontaktnachverfolgung ebenfalls eine Herausforderung. Aus dem Gesundheitsamt Berlin-Mitte hieß es: "Es gibt immer mal wieder einzelne große Ereignisse bei denen die Teilnehmerinnen keine Angaben machen (wollen)." Ein Sprecher des Gesundheitsamtes Cloppenburg sagte: "Es ist jedoch auffällig, dass Personen eher zur Falschaussage neigen, wenn sie sich zum Beispiel bei einer Feier angesteckt haben, die durch eine Verordnung verboten wurde oder wenn sie die Maskenpflicht in einem entscheidenden Moment verletzt haben."

Quelle: dts Nachrichtenagentur


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