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Bittere Pillen für die Kleinen

Archivmeldung vom 11.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Atemstillstand, Krämpfe, Tod - das Risiko für Kinder ist oft hoch, auch wenn sie in qualifizierten Händen sind. Ärzten bleibt häufig nichts anderes übrig, als Neugeborene und Kinder mit Medikamenten zu behandeln, die nur an Erwachsenen getestet wurden.

Generell gilt: Je jünger und schwerer erkrankt ein Kind, desto größer ist die Unsicherheit. Patienten bis 16 Jahren hätten nach einer neuen Studie des Bremer Pharmakologen Bernd Mühlbauer rund drei Prozent der ihnen ambulant verordneten Arzneimittelpackungen nicht bekommen dürfen. Bei fast jeder zehnte Gabe blieb unklar, ob das Mittel auch für die Altersstufe zugelassen war. Für Neugeborene waren nur rund 43 Prozent der gegebenen Arzneien genehmigt.

Diese Zahlen weisen für Mühlbauer auf mangelnde Arzneimittelsicherheit hin. Der Forscher hatte die Rezepte für 289.000 Versicherte der Gmünder Ersatzkasse untersucht. Nach Angaben des Präsidenten des Kinder- und Jugendärzteverbandes, Wolfram Hartmann, werden in Kliniken öfter nicht zugelassene Arzneien verwendet. Am häufigsten geschehe es bei schweren Krankheiten wie beispielsweise Tumoren oder Rheuma.

«Das Problem ist gravierend», sagt der Mediziner Hannsjörg Seyberth. Dem Bundesgesundheitsministerium wirft er zu wenig Engagement vor. Zum Wohl der kleinen Patienten fordern Experten mehr Vorschriften für die Pharmaindustrie.

Medizin soll kranke Kinder heilen - wenn sie nicht zugelassen und Eignung und Dosierung unklar ist, steht jedoch manchmal die Gesundheit auf dem Spiel. Es komme dann doppelt so häufig zu schweren Nebenwirkungen, erklärt Seyberth. Neben Atemstillstand oder Krämpfen zählen die Experten auch Herzrhythmusstörungen und Leberschäden dazu. So sterben ein bis zwei Kinder in Deutschland pro Jahr daran, sagt Hartmann.

Seyberth moniert, die verantwortlichen Politiker setzten sich nicht ernsthaft genug für die Kindermedizin ein. «Das Bundesministerium hat das Problem lange Zeit verschlafen», sagt der Vorsitzende der Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Noch immer behandele das Ministerium es als Nebensache und mit Desinteresse, es gebe keinen kompetenten Ansprechpartner. Hartmann fordert: «Wir brauchen Rechtssicherheit und Therapiesicherheit.» Deswegen müsse die Pharmaindustrie zu Studien verpflichtet werden.

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