Bielefelder Organspende-Prozess: Patientenschützer ermutigt Richter
Archivmeldung vom 20.12.2013
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Freigeschaltet durch Doris OppertshäuserPatientenschützer setzen darauf, dass der am Freitag beginnende Bielefelder Organspende-Prozess zu einem Präzedenzfall wird. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz: "Ich ermutige die Richter, voranzugehen und über das Richterrecht Klarheit für künftige Fälle zu schaffen." Im Sozial- und Arbeitsrecht habe sich diese Praxis bereits mehrfach bewährt.
Das Landgericht Bielefeld entscheidet darüber, ob die Ablehnung eines Irakers wegen mangelnder Deutschkenntnisse rechtmäßig war. Die Ärzte des Herz- und Diabeteszentrums in Bad Oeynhausen hatten ihn im Frühjahr 2010 nicht auf die Warteliste für Spenderorgane gesetzt, weil er die ärztlichen Vorgaben für Vor- und Nachbehandlung wegen gravierender Verständigungsprobleme möglicherweise nicht verstanden hätte. An der Uniklinik Münster wurde der Patient hingegen wenig später aufgenommen und behandelt.
Brysch beklagte, dass der Rechtsweg, um solche Entscheidungen gerichtlich überprüfen zu lassen, in Deutschland nicht geregelt sei. "Ob die Zivilgerichte, die Verwaltungsgerichte oder die Sozialgerichte zuständig sind, weiß niemand", kritisierte der Patientenschützer. Brysch fordert deshalb ein einheitliches rechtliches Regelwerk zur Organspende: "Der neue Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) muss für einheitliche Bedingungen sorgen", sagte er. Brysch setzt große Hoffnungen auf den neuen Minister: "Aufgrund seines Engagements in der Evangelischen Kirche traue ich Hermann Gröhe zu, die ethischen Leitlinien im Sinne der Patienten zu ziehen", sagte Brysch.
"In der aktuellen Diskussion zum Transplantationsrecht in Deutschland wird kaum diskutiert, dass die Schwerstkranken bei der Frage der Aufnahme auf die Warteliste und bei der Führung der Warteliste rechtlos sind", beklagte Brysch. Zwar erlasse die Bundesärztekammer verbindliche Richtlinien, sagte der Patientenschützer. Aber jedes Transplantationszentrum lege diese unterschiedlich aus. "Das ist offensichtlich Willkür", sagte Brysch. Von Patientenrechten und einem wirksamen Rechtsschutz für Schwerstkranke auf der Warteliste könne somit keine Rede sein.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)