Nanosilber: Wundermittel gegen Bakterien birgt Risiken
Archivmeldung vom 10.12.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakProdukte enthalten immer öfter Nanosilber. Die Substanz soll zum Beispiel dafür sorgen, dass in Kühlschränken oder Frischhaltedosen nicht zu viele Bakterien ihr Unwesen treiben. Auch in Krankenhäusern soll Nanosilber Krankheitskeimen den Gar aus machen.
Nanoteilchen sind im wahrsten Sinne des Wortes Winzlinge. Das Wort
"Nano" kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Zwerg". Von Nano
spricht man bei Teilchen, die kleiner als 100 Nanometer,
beziehungsweise 0,1 Millionstel Meter, sind. Zum Vergleich: Der
Durchmesser eines menschlichen Haares ist mindestens fünfhundert Mal
größer.
Nanosilber gibt Bakterien keine Chance
Nanopartikel
aus Silber setzen Wissenschaftler und Hersteller ein, um Bakterien
abzutöten - immerhin ist Silber schon seit mehreren Jahrhunderten für
seine desinfizierende Wirkung bekannt. Der Vorteil von Nanopartikeln
liegt in der großen Oberfläche der Teilchen im Verhältnis zu ihrem
Volumen: Dadurch genügen geringere Mengen des Edelmetalls, um
Bakterien keine Chance zum Überleben zu lassen.
Diese Wirkung
machen sich Unternehmen inzwischen zunutze: Bioni CS hat zusammen mit
dem Fraunhofer Institut für Chemische Technologien eine Wandfarbe
entwickelt, die auf der Anstrichoberfläche bis zu 99 Prozent der
Schimmelpilze und Sporen dauerhaft abtöten und sogar gegen den
multiresistenten Krankenhauskeim Staphylococcus aureus wirken soll.
Laut Bioni sind die Nanosilberpartikel fest in den Molekülketten der
Farbe eingebunden, was eine unkontrollierte Freisetzung der Teilchen
verhindert. Durch die Beschichtung mit Nanosilberpartikeln könnten in
Zukunft womöglich auch Krankenhauswände, Pinzetten oder Katheter nahezu
keimfrei gemacht werden.
Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig
Doch
nicht nur im medizinischen Bereich kommt Nanosilber zur Anwendung. In
Socken und Sportbekleidung verwenden Hersteller Nanosilber, um
Schweißgeruch zu neutralisieren. Als Beschichtung in Frischhaltedosen
sollen die Partikel Lebensmittel länger haltbar machen. Als Zusatz in
Zahncreme hilft Nanosilber dabei Zähne weniger empfindlich reagieren zu
lassen. Auch immer mehr Computertastaturen und Kühlschränke mit dem
antibakteriellen Wirkstoff sind im Handel erhältlich.
Laut einer
Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) steht der Großteil
der Verbraucher dem Material positiv gegenüber. Allerdings akzeptieren
sie den Einsatz von Nanosilber nicht in allen Bereichen. "Je näher die
Produkte mit dem Körper in Berührung kommen, umso skeptischer sind
Verbraucher", erklärt René Zimmer, beim BfR für Nanotechnologie
zuständig.
Noch ist unklar, wie Nanosilber auf Mensch und Natur wirkt
Die
Freude der Verbraucher über die neuen Möglichkeiten ist aus gutem Grund
nicht komplett ungetrübt: Bisher weiß man noch sehr wenig über
Nanosilber - und somit auch kaum etwas über die möglichen Gefahren.
Gelangt Nanosilber in hohen Mengen ins Abwasser und als Folge in die
biologische Kläranlage, könnte es dort nützliche Bakterien zerstören
und dadurch wiederum zur Vermehrung gesundheitsgefährdender Bakterien
beitragen. Unklar ist auch, ob Nanosilberpartikel aufgrund ihrer
kleinen Ausmaße über die Haut oder die Atemwege in den Körper gelangen
und dort eventuell Zell- und Organschäden verursachen könnten. "Solange
nicht garantiert werden kann, dass Nanosilber weder der Umwelt noch dem
Menschen schadet, dürften die Produkte gar nicht verkauft werden",
fordert deshalb Jurek Vengels vom BUND für Umwelt und Naturschutz
Deutschland.
In Panik müssen Verbraucher angesichts der Risiken
von Nanosilber aber vorerst noch nicht ausbrechen: "Nanosilber ist noch
noch nicht in so großen Mengen im Umlauf, dass es der Umwelt oder der
Gesundheit des Menschen schaden könnte", sagt René Zimmer, im
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für Nanotechnologie zuständig.
Auch sei die Gefahr durch Nanosilber eher gering, solange die Partikel
fest in Materialien eingebunden sind und nicht freigesetzt werden, wie
beispielsweise in Sprays.
Nicht überall wo kein Nanosilber draufsteht, ist auch keines drin
Momentan
haben Verbraucher allerdings meist nicht die Wahl, ob sie Produkte mit
Nanosilber kaufen oder nicht. Denn bisher bleibt eine entsprechende
Kennzeichnung dem Hersteller überlassen. "Verbraucher werden über die
Verwendung von Nanosilber in Produkten nur dann informiert, wenn
Hersteller gezielt mit den positiven Eingenschaften der Nanotechnologie
in ihren Produkten werben", sagt Jurek Vengels vom BUND. "Das muss sich
ändern. In Zukunft muss für den Käufer ersichtlich sein, ob ein Produkt
Nanosilber enthält oder nicht", so der Chemikalienexperte.