SPD und Grüne kritisieren neues Klassifikationssystem von psychischen Störungen
Archivmeldung vom 22.01.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGesundheitsexperten von SPD und Grüne haben das neue Klassifikationssystem von psychischen Störungen kritisiert. Sie befürchten, dass die fünfte Auflage des "Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen" (DSM-5) normale Verhaltensweisen zu seelischen Störungen erklären könnte. "Das DSM-5 treibt die weltweite Psychiatrisierung von außergewöhnlichen Verhaltensweisen voran. Psychiater und pharmazeutische Firmen produzieren mehr Kranke, um mehr Geld zu verdienen", sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach dem Nachrichten-Magazin "Der Spiegel".
Der Obmann der Grünen im Bundestags-Gesundheitsausschuss, Harald Terpe, befürchtet seinerseits, dass das DSM-5 die Verwandlung der Kindheit in eine Krankheit noch weiter treiben könnte. "Mir drängt sich der Verdacht auf, dass hier gesellschaftlich nicht erwünschtes Verhalten von Kindern pathologisiert wird", erklärte Terpe, studierter Mediziner und sechsfacher Vater. "Die Leidtragenden sind die Kinder, denen suggeriert wird, sie seien nicht `normal` und könnten nur mit Medikamenten richtig funktionieren", so Terpe weiter. Die pharmazeutische Industrie unterstütze leider diesen Trend, "indem sie Psychopharmaka als schnelle und einfache Lösung bewirbt und die erheblichen Risiken verschweigt." Auch Andreas Heinz, der die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Berliner Charité leitet, mahnt zur Vorsicht: "Es ist falsch, alle möglichen Befindlichkeitsstörungen mit einem Krankheitsbegriff zu belegen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur