Deutsches Gesundheitssystem hinkt im internationalen Vergleich hinterher
Archivmeldung vom 25.11.2010
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Freigeschaltet durch Fabian PittichTrotz einer verbesserten Bewertung schneidet das deutsche Gesundheitssystem schlechter ab als die Vorbildländer Niederlande, Schweiz und Schweden. Außerdem sind viele Deutsche mit der aktuellen Gesundheitsreform unzufrieden und kritisieren vor allem eine ungerechte Lastenverteilung. Unverändert hoch ist die Befürchtung von Bürgern und Ärzten, dass der zunehmende Kostendruck die Qualität der Gesundheitsversorgung belastet. Gleich-zeitig gestehen beide Gruppen ein, dass die Deutschen häufig unnötig zum Arzt gehen.
Dies sind einige Kernergebnisse des 5. MLP Gesundheitsreports. Die repräsentative Studie im Auftrag des Finanz- und Vermögensberaters MLP hat das Institut für Demoskopie Allensbach mit Unterstützung der Bundesärztekammer erstellt.
Insgesamt beurteilen 70 Prozent der Bürger (2009: 64 Prozent) und 88 Prozent der Ärzte (2009: 82 Prozent) die derzeitige Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems als "gut" oder "sehr gut". Höher sind die Werte mit 77 Prozent in den Niederlanden, 81 Prozent in Schweden und 93 Prozent in der Schweiz. Gleichzeitig haben mit 51 Prozent (2009: 59 Prozent) deutlich mehr Deutsche in den vergangenen zwei, drei Jahren eine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung festgestellt als die Bürger in den Vergleichsländern (Niederlande: 34, Schweden: 20, Schweiz: 15 Prozent). Ausgeprägter ist auch die Befürchtung, im Krankheitsfall auf eine notwendige Behandlung verzichten zu müssen: Während in der Bundesrepublik 42 Prozent diese Sorge äußern, sind es in Schweden 30, in den Niederlanden 21 und in der Schweiz lediglich 18 Prozent. Ausgewählt wurden die Vergleichsländer unter anderem, weil Ärzte sie im MLP Gesundheitsreport wieder-holt als führend einstufen.
Befragte zweifeln am Erfolg der Gesundheitsreform Deutliche Kritik äußern die Befragten an der jüngsten Gesundheitsreform, die zum 1. Januar 2011 in Kraft tritt. Während in der Bevölkerung 75 Prozent daran zweifeln, dass die beschlossenen Maßnahmen die Finanzierung des Gesundheitssystems für längere Zeit sicherstellen, sind es bei den Ärzten sogar 93 Prozent. Die mit der Reform ausgeweitete Möglichkeit für gesetzliche Krankenversicherungen (GKV), einkommensunabhängige Zusatzbeiträge zu verlangen, halten 82 Prozent der Bürger für ungerecht. Bereits heute zahlen 22 Prozent der gesetzlich Versicherten nach eigenen Angaben Zusatzbeiträge, weitere 38 Prozent rechnen in absehbarer Zeit damit. Von ihnen denken 25 Prozent über einen Wechsel ihrer Krankenkasse nach.
Positiv sehen 71 Prozent der GKV-Versicherten die von Bundesminister Philipp Rösler vorgeschlagene Ausweitung der Kostentransparenz. Insgesamt bewerten Bevölkerung und Ärzte die Gesundheitspolitik der neuen Bundesregierung aber kritisch - 61 bzw. 73 Prozent haben "keinen guten Eindruck". Allerdings sind diese Werte im Vergleich zur Großen Koalition leicht verbessert (62 bzw. 87 Prozent). Auf die Frage, ob die Politik dauerhaft eine gute Gesundheitsversorgung sicherstellen kann, zeigten sich 80 Prozent der Ärzte (2009: 79 Prozent) und 77 Prozent der Bürger (2009: 79 Prozent) skeptisch. Zum Vergleich: In der Schweiz, den Niederlanden und Schweden ist die Skepsis mit 65, 63 bzw. 56 Prozent weniger ausgeprägt.
"Wir brauchen ein langfristiges Umdenken in der Gesundheitspolitik. Es gibt kein Patentrezept, das kurzfristig alle Probleme des Systems löst und sämtlichen Interessen gerecht wird. Aber das Beispiel Schweiz zeigt sehr gut, wie eine größere Eigenverantwortung der Versicherten zu einer hohen Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung führen kann", sagte MLP-Vorstandsvorsitzender Dr. Uwe Schroeder-Wildberg bei der Vorstellung der Studie in Berlin.
Quelle: MLP AG