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Schlaganfälle nehmen bis 2050 dramatisch zu

Archivmeldung vom 11.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Es sind die Alten, die es treffen wird: Die Zahl der Schlaganfälle bei über 84Jährigen könnte bis 2050 um mehr als 260 Prozent steigen. Das ist nicht nur dramatisch für die Betroffenen - auch die Krankenkassen müssen sich auf eine Kostenexplosion gefasst machen.

Wenn eine gesamte Körperhälfte plötzlich nicht mehr das tut, was man will, ist das Leben mit einem Schlag verändert. Alleine zu essen, zur Toilette zu gehen, sich zu waschen - all das ist nicht mehr möglich. Ohne fremde Hilfe ist der Alltag nicht mehr zu meistern, schon gar nicht, wenn man über 80 ist. Doch genau diese Altersgruppe wird in Zukunft von Schlaganfällen besonders betroffen sein. Das ist zumindest das Ergebnis aktueller Hochrechnungen für das Land Hessen von Neurologen der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main.bwohl die Bevölkerung in Hessen den Analysen zufolge bis 2050 deutlich abnimmt, wird die Zahl der Schlaganfälle von rund 20.000 Fällen im Jahr 2005 kontinuierlich auf über 35.000 im Jahr 2050 steigen. Das entspricht einer Zunahme um 68 Prozent. Insbesondere alte Menschen werden noch häufiger betroffen sein, wie die Frankfurter Neurologen jetzt im "Deutschen Ärzteblatt" berichten: Die Berechnungen ergaben, dass die Rate von Schlaganfällen bei über 84 Jährigen sogar um 265 Prozent steigen wird. Auch der Anteil der besonders schweren Fälle, die direkt in Pflegeheime ziehen müssen, wird sich demnach verdoppeln.

Die Hochrechnungen basieren auf zwei Zahlensammlungen für das Bundesland Hessen: dem landesweiten Register von Schlaganfällen und den Vorausberechnungen der Bevölkerungszahlen bis 2050 vom Statistischen Landesamt Hessen. Die Hessische Schlaganfall-Datenbank gibt es erst seit wenigen Jahren. Sie wurde zur Qualitätssicherung gegründet und schließt alle Kliniken ein, die an der Akutversorgung von Schlaganfallpatienten beteiligt sind. Sie müssen jeden stationär behandelten Schlaganfall melden, dessen Daten dann anonym in dem Register gespeichert werden.

Schwierige Prävention

Das Statistische Landesamt Hessen berechnete ebenfalls auf der Basis des Jahres 2005 voraus, wie sich die Bevölkerung bis 2050 entwickeln wird. Gab es vor drei Jahren noch knapp über 6,1 Millionen Einwohner, wird die Zahl 2050 wahrscheinlich auf kaum mehr als 5,1 Millionen sinken. Der Anteil der Alten ist dabei voraussichtlich besonders hoch: Während 2005 noch 3595 Menschen älter als 84 waren, werden es im Jahr 2050 über 13.000 sein.

"Die Zahl der Schlaganfälle nimmt mit dem Alter linear zu", erklärt Studienautor Christian Foerch. Das liegt an den Risikofaktoren, die mit zunehmendem Alter ebenfalls steigen. Je älter ein Mensch wird, desto größer wird die Gefahr, dass er Bluthochdruck, Arteriosklerose und Herzrhythmusstörungen wie das sogenannte Vorhofflimmern bekommt. Diese Veränderungen führen wiederum dazu, dass Arterien langsam verstopfen oder sich Blutgerinnsel und Verkalkungen lösen und in kleinere Gefäße schießen. Das Hirngewebe kann dann nicht mehr mit Blut versorgt werden - der Schlaganfall ist da.

Für besonders wichtig halten die Autoren daher die Vorbeugung: Wenn Bluthochdruck, Diabetes und Herzrhythmusstörungen besser behandelt würden, könnten viele Schlaganfälle verhindert werden. Die Prävention ist allerdings jetzt schon schwierig: Nicht alle Menschen wissen, ob sie einen erhöhten Blutdruck oder zu viel Zucker im Blut haben. Auch nehmen nicht alle die Medikamente, die der Arzt ihnen verschrieben hat. "Alle Fälle könnten wir nie verhindern", sagt Christian Foerch. "Wir können mitunter nur zuschauen und uns im Nachhinein um eine gute Therapie bemühen."

Kostenexplosion durch Schlaganfälle

Die ist allerdings teuer. Schon heute kostet ein Schlaganfall nach Angaben der Autoren 43.000 Euro - von der Aktuversorgung bis zum Toilettenstuhl für zuhause. Insgesamt lagen die direkten medizinischen Kosten 2004 bei 7,1 Milliarden Euro.

Das Forscherteam gibt allerdings zu bedenken, dass es lediglich berechnet habe, wie sich die Schlaganfallzahlen aufgrund der demografischen Veränderungen entwickeln werden. Sollte sich aber die Prävention in den kommenden Jahren deutlich verbessern, würden sich die Zahlen wahrscheinlich ganz anders entwickeln.

Allerdings gleichen die Hochrechnungen der Frankfurter Wissenschaftler denen aus dem Ausland: Eine 2003 publizierte US-Studie hatte eine Zunahme der Todesfälle durch Schlaganfall um 98 Prozent (von 2002 bis 2032) berechnet, und schwedische Forscher gehen von einem Anstieg der Schlaganfallrate um 59 Prozent bis zum Jahr 2050 aus.

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