Pharmakonzern Novartis ködert Ärzte mit Geld
Archivmeldung vom 28.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Pharma-Riese Novartis drückt seine Medikamente mit Schecks, Marketingtricks und Vergnügungsreisen in den Markt. Davon profitieren vor allem Ärzte. Das berichtet das Hamburger Magazin stern mit Bezug auf firmeninterne Unterlagen in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe.
Unter anderem habe die deutsche Tochter des Schweizer Weltkonzerns
allein in den ersten beiden Monaten diesen Jahres mehr als 2000 Ärzte
für ein angebliches "Patienten-Screening" bezahlt. Wenn ein Arzt 20
Patienten meldete, die für den neuen Blutdrucksenker Exforge in Frage
kommen, konnte er 330 Euro erhalten. Aus E-Mails von
Novartis-Managern wird aber deutlich, dass das angebliche "Screening"
vor allem den Umsatz ankurbeln sollte.
In einem anderen Fall lud Novartis im Juli mehrere Ärzte zu einer
Fortbildungsveranstaltung ein, bei der der Vergnügungscharakter
offensichtlich im Vordergrund stand. Obwohl dies nach dem Kodex der
"Freiwilligen Selbstkontrolle Arzneimittelindustrie", den auch
Novartis unterzeichnet hat, streng verboten ist, organisierte der
Pharmakonzern für die Ärzte ein Rahmenprogramm mit Kahnfahrt im
Spreewald, an dem selbst die Lebenspartner und Kinder der Mediziner
teilnehmen konnten.
In einem weiteren Fall wurde mehr als tausend Medizinern jeweils
200 Euro Honorar dafür bezahlt, dass sie dem Pharmakonzern für ein
angebliches "Experten-Interview" zur Verfügung stehen. Um sich für
dieses "Interview" zu qualifizieren, musste der Arzt zuvor aber eine
bestimmte Anzahl von Patienten auf ein Novartis-Präparat einstellen.
Daneben zahlt Novartis für angebliche Medikamentenbeobachtungen an
Ärzte zwischen 50 und 1000 Euro - pro Patient. 1000 Euro können die
Ärzte bei Krebspatienten verdienen, die das teure Novartis-Präparat
Glivec nehmen. Obwohl die Beobachtungen offiziell wissenschaftlicher
Erkenntnis dienen sollen, werden sie intern vor allem zur
Umsatzsteigerung eingesetzt, wie mehrere E-Mails von
Novartis-Managern verraten.
Daneben verstößt Novartis offenbar gegen die Regeln für die Abgabe
von Musterpackungen bei Ärzten. Offiziell dürfen pro Arzt nur zwei
Packungen eines Präparats pro Jahr abgegeben werden. Novartis hat
aber allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres so viele
Exforge-Muster verteilt, dass rechnerisch jeder Arzt in Deutschland
mit knapp drei Packungen versorgt werden konnte.
Der stern konfrontierte Novartis schriftlich mit den Recherchen. Das Unternehmen antwortete allerdings lediglich allgemein, sich an Recht und Gesetz zu halten und den Verhaltenskodex der Pharmaindustrie zu unterstützen.
Quelle: Pressemitteilung stern