Salicylsäure, hausgemacht
Archivmeldung vom 30.12.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDer menschliche Körper kann das Schmerzmittel Salicylsäure, ein Abbauprodukt des Aspirin-Wirkstoffs Acetylsalicylsäure, möglicherweise selbst herstellen. Darauf deuten zumindest einige vorläufige Studien schottischer Forscher hin. Sollte sich der Verdacht bestätigen, könnte die Salicylsäure der erste bekannte Vertreter einer völlig neuen Gruppe von körpereigenen Wirkstoffen sein, die unter anderem an der Steuerung von Entzündungsprozessen oder auch an der Tumorentstehung beteiligt sind.
Schon Ende der 1990er-Jahre hatten die
Wissenschaftler im Blutserum und im Urin von Freiwilligen Spuren von
Salicylsäure entdeckt. Diese Substanz entsteht im Körper nach der
Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) durch Abspaltung einer chemischen
Gruppe, ist jedoch auch in Gemüse und anderen pflanzlichen
Nahrungsmitteln enthalten. Die Forscher vermuteten damals, die
Salicylsäure stamme tatsächlich vordringlich aus der Nahrung, da sie
bei Vegetariern größere Mengen fanden als bei Nicht-Vegetariern und die
Probanden zuvor kein ASS eingenommen hatten. Später stellte sich
allerdings heraus, dass von der mit der Nahrung aufgenommenen
Salicylsäure lediglich zwanzig Prozent oder sogar weniger vom Körper
aufgenommen werden, eine Rate, die die vergleichsweise großen Mengen in
Blut und Urin nicht erklären konnten.
Auf der Suche nach einer anderen Quelle stießen die Forscher
schließlich auf die Benzoesäure: Diese Substanz ist auch in Pflanzen
einer der Ausgangstoffe für die Salicylsäureherstellung und wird in
Form ihres Natriumsalzes häufig als Konservierungsmittel eingesetzt.
Doch auch hier bestätigte sich der Verdacht der Wissenschaftler nicht,
zeigten Tests mit fastenden oder auf eine spezielle Diät gesetzten
Freiwilligen: Zwar wandelt der Körper tatsächlich einen Teil der
Benzoesäure in Salicylsäure um, jedoch wiederum nicht genug, um die
Salicylsäurekonzentrationen in Blut und Urin verursachen zu können.
Zudem fanden die Forscher auch im Blut der verschiedenartigsten
Zootiere – unter anderem Eulen, Nashörnern, Elefanten, Pythons,
Kaninchen, Alligatoren, Forellen und Schafen – ebenfalls Salicylsäure
in messbaren Mengen.
All dies, formulieren die Wissenschaftler vorsichtig, seien starke
Hinweise darauf, dass nicht nur pflanzliche, sondern auch menschliche
und tierische Organismen in der Lage seien, selbst Salicylsäure zu
produzieren. Da die Substanz bei Pflanzen dem Abwehren von Feinden
diene, erscheine auch bei Tieren eine Rolle in der Körperabwehr nicht
unwahrscheinlich. Dieser Zusammenhang müsse dringend genauer untersucht
werden, da der Wirkstoff möglicherweise bislang unbekannte
Schlüsselfunktionen haben könnte. Salicylsäure wurde früher selbst als
Schmerzmittel und Entzündungshemmer eingesetzt, jedoch später durch die
besser verträgliche Acetylsalicylsäure ersetzt. Heute beschränkt sich
ihr Einsatz vor allem auf die Behandlung von Hauterkrankungen.