Medizinethiker Maio fordert höheres Honorar für ärztliche Beratungsgespräche
Archivmeldung vom 10.03.2018
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Freigeschaltet durch André OttMedizinethiker Giovanni Maio fordert ein Gesundheitssystem, das mehr Honorar für das ärztliche Beratungsgespräch bereitstellt: "Es muss sich für die Ärzte lohnen, weil man nur durch die Beziehungsmedizin dem Patienten einen guten Rat geben kann - den Rat, lieber nicht zu operieren, konservativ vorzugehen oder auch gar nichts zu machen", sagte der Freiburger Universitätsprofessor im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Die moderne Medizin unterliege derzeit falschen Anreizen, meint der Philosoph und Mediziner: "Je weniger Kontakt man im ambulanten Bereich mit seinen Patienten hat, desto mehr Geld verdient man. Das ist widersinnig." Die Gesundheitspolitik habe nicht begriffen, dass eine "durchökonomisierte Medizin, wie wir sie erleben, nur Aktionismus befördert und keine Besonnenheit". Die Folge sei eine "unpersönlich bleibende Durchschleusungsmedizin".
Maio fordert eine Abkehr von einem "überzogenen Begriff von Gesundheit" in der Medizin: "Wir müssen wegkommen von dem defizitorientierten Verständnis von Gesundheit, vom rein naturwissenschaftlichen Messen." Stattdessen sollte der Fokus stärker auf die Potenziale des einzelnen Patienten gelegt werden, "die er trotz bestehender Funktionseinschränkungen mobilisieren kann, um sich gesünder zu fühlen". Aus seiner Sicht reflektiere die moderne Medizin nicht genug, was sie tut: "Sie stellt quasi alles zur Verfügung, was nachgefragt wird. Sie macht sich Trends eher zunutze, um daraus ein Geschäft zu machen. Das ist ein großes Problem."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)