Bipolare Störung: Gehirn kann Risiko ausgleichen
Archivmeldung vom 19.08.2017
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWissenschaftler der Icahn School of Medicine at Mount Sinai haben bei Geschwistern von Patienten mit einer bipolaren Störung einen Mechanismus identifiziert, der sie widerstandsfähig gegen die Krankheit macht. Diese Forschungsergebnisse legen nahe, dass das Gehirn in der Lage ist, sich an das biologische Risiko einer bipolaren Störung anzupassen. Damit stehen neue Wege für die Verbesserung der Resilienz bei Menschen mit einem bestehenden Risiko und bereits Betroffenen offen.
Familiäres Risiko kompensiert
Derzeit leiden rund 5,7 Millionen US-Amerikaner über 18 Jahren an einer bipolaren Störung. Die Krankheit tritt in Familien gehäuft auf. Geschwister von Betroffenen erkranken zehn Mal so wahrscheinlich. Die meisten Menschen mit einem derartigen familiären Hintergrund sind jedoch nicht betroffen. Um herauszufinden, was diese Menschen mit einem Erkrankungsrisiko resilient gegen die Krankheit macht, analysierten die Forscher mittels funktioneller Magnetresonanztomographie die Gehirne von 78 Patienten, 64 nicht erkrankten Geschwistern und einer Kontrollgruppe mit 41 Personen.
Die Geschwister wiesen genetische Hinweise auf eine abnormale Konnektivität in Bereichen des Gehirns auf, die mit Gefühlen und Bewegung in Verbindung stehen. Sie wurden bereits in früheren Studien mit der Krankheit in Zusammenhang gebracht. Diese Studienteilnehmer kompensierten das jedoch über eine deutliche erhöhte Konnektivität im Ruhezustandsnetzwerk des Gehirns. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk miteinander interagierender Gehirnregionen, deren Aktivität sehr stark miteinander in Beziehung steht.
Potenzial des Gehirns nutzen
Laut Studienautorin Sophia Frangou sind die meisten Risikofaktoren für eine bipolare Störung wie das genetische Risiko, frühkindliche Schädigungen und Traumata nicht veränderbar. "Diese Studienergebnisse zeigen jedoch, dass das Gehirn seine Konnektivität verändern kann, um biologische Schwierigkeiten zu überwinden. Das gibt Hoffnung auf die Nutzbarkeit dieses natürlichen Potenzials des Gehirns." Basierend auf diesen Forschungsergebnissen, wurde eine Reihe weiterer Experimente durchgeführt. Getestet wurde, ob es möglich ist, das Gehirn von Betroffenen durch einfache computergestützte Aufgaben neu zu "verdrahten" und so die Konnektivität des Gehirns zu verbessern. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass einfache Interventionen die funktionale Architektur des Gehirns wiederherstellen und so die Schwere der Symptome lindern könnten. Die Forschungsergebnisse wurden im "American Journal of Psychiatry" veröffentlicht.
Quelle: www.pressetext.com/Moritz Bergmann