Risiko für AIDS steckt in den Genen
Archivmeldung vom 31.01.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWie ein Mensch auf eine Infektion mit dem HI-Virus reagiert, ist bereits in seinen Genen festgelegt. Das berichten die Wissenschaftler um Dr. Djin-Ye Oh und Prof. Ralf Schumann vom Institut für Mikrobiologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin, gemeinsam mit den Forschern um Dr. Osamah Hamouda vom Robert-Koch-Institut in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift AIDS.
Eine entscheidende Rolle kommt dabei den so genannten Toll-like
Rezeptoren zu. Sie sind für das Erkennen und die Abwehr von Bakterien
und Viren im Körper zuständig. Das HI-Virus aktiviert diese Rezeptoren,
welche als Reaktion verschiedene interzelluläre Botenstoffe freisetzen.
Manche dieser Stoffe bekämpfen das Virus. Andere tragen jedoch auch zu
dessen Verbreitung im Körper bei. Die Studie zeigt, dass eine bestimmte
Mutation des Toll-like Rezeptors 7 die Freisetzung der Botenstoffe
entscheidend beeinflusst. Der Stoff Interferon Alpha ist für die
Bekämpfung der Viren zuständig und wird bei Vorliegen dieser Mutation
in deutlich geringerem Maße freigesetzt, die Ausschüttung der anderen
Botenstoffe bleibt gleich. Die Folge: Die HIV-Infektion kann sich auf
Grund der verringerten Interferonfreisetzung schneller ausbreiten und
die Krankheit erreicht wesentlich früher das Endstadium.
Die Wissenschaftler haben in Zusammenarbeit mit einer großen Berliner
HIV- Schwerpunktpraxis insgesamt 1279 Studienteilnehmer untersucht, 734
davon waren HIV-positiv. Ein Viertel aller Probanden wies die spezielle
Mutation des Toll-like Rezeptors 7 auf. Diejenigen, die das Virus in
sich trugen und die Mutation aufwiesen, hatten einen deutlich
beschleunigten Krankheitsverlauf und eine höhere Viruslast. Es ist
bereits länger bekannt, dass die HIV-Infektion bei Männern und Frauen
unterschiedlich verläuft. Da das Gen des hier beschriebenen Rezeptors
auf dem X-Chromosom liegt, von dem Männer nur eines und Frauen zwei
haben, könnten die Ergebnisse wichtig für die weitere Erforschung
dieses Phänomens sein. Auffällig ist, dass in der Studie 44,4 Prozent
der HIV-positiven, jedoch nur 17,9 Prozent der HIV-negativen Frauen das
veränderte Gen in sich trugen. Das könnte bedeuten, dass die Träger der
Mutation empfänglicher für die Infektion sind. Um dieses Ergebnis zu
bestätigen, müssen jedoch noch weitere Studien durchgeführt werden.
Dass Toll-like Rezeptoren bei anderen Infektionskrankheiten die
Immunreaktion und den Verlauf der Erkrankung stark beeinflussen, ist
bereits seit längerem auch durch Arbeiten dieser Charité-Arbeitsgruppe
bekannt. So weiß man, dass zum Beispiel bei Hepatitis C oder
Tuberkulose genetische Variationen dieses oder des eng verwandten
Toll-like Rezeptors 8 entscheidend für die Erkrankungshäufigkeit und
den klinischen Verlauf sind. Die neuen Ergebnisse eröffnen jetzt neue
Perspektiven für HIV-Patienten: "Mit diesen Erkenntnissen können
Risikopatienten rechtzeitig erkannt und eventuell effektiver behandelt
werden", erläutert Prof. Schumann. "Möglicherweise können die Toll-Like
Rezeptoren auch potentieller Angriffspunkt für eine Impfung gegen das
HI-Virus sein."
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.