Studie: Schwere COVID-Verläufe und Todesfälle: Ist “Schlangengift-Enzym” die Ursache?
Archivmeldung vom 09.05.2022
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.05.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićForscher haben herausgefunden, welcher Mechanismus für schwere Covid-Verläufe und vor allem Todesfälle verantwortlich ist. Ein Enzym, das neurotoxisch wirkt und Ähnlichkeit mit dem Gift von Klapperschlangen hat, scheint ausschlaggebend zu sein. Es ist im Körper an der Abwehr bakterieller Infektionen beteiligt. Gibt es zu viel davon, greift es Zellmembranen an, Organe werden geschädigt, der Tod kann die Folge sein. Dies berichtet das Magazin "Wochenblick.at".
Weiter berichtet das Magazin: "Überraschende Erkenntnis
Das Forscherteam der Universität Arizona veröffentlichte die überraschenden Studienergebnisse im Journal of Clinical Investigation. Das betreffende Enzym kommt grundsätzlich in sehr geringen Mengen im menschlichen Körper vor. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von bakteriellen Infektionen. Ist allerdings zu viel dieser Phospholipase A2 Typ IIa (sPLA2-IIA) vorhanden, zerstört es die Zellmembranen und kann dadurch zu multiplem Organversagen führen.
Den Wissenschaftlern ist es gelungen, anhand der Menge dieses Stoffes im Blut die Schwere des Verlaufes einer Corona-Infektion bzw. den Tod vorherzusagen. Hierzu analysierten sie Krankenberichte und klinische Daten von Patienten zweier Kohorten. Insgesamt wurden Daten von 281 Patienten ausgewertet. Bereits im Vorfeld wurden tausende von Patientendaten mithilfe von Algorithmen untersucht. „In dieser Studie haben wir es geschafft, Muster bei bestimmten Stoffwechselprodukten zu identifizieren, welche bei Personen auftraten, die an Covid-19 starben“, erklärt Justin Snider, einer der Studienautoren. „Die Metaboliten, die immer wieder auffielen, wiesen hohe Konzentrationen des sPLA2-IIA-Enzyms auf. Das war vorher nicht zu erwarten.“
Enzym-Werte bei Corona-Toten extrem hoch
Aufgrund dieser Datenauswertungen konnten die Forscher eine Art Algorithmus erstellen. Mit diesem war es ihnen möglich, den Krankheitsverlauf vorherzusagen. Im Normalfall ist nur etwa ein halbes Nanogramm des Stoffes in einem Milliliter Blut. Die Ergebnisse zeigten, dass bei 63 Prozent der Patienten, die an Covid-19 verstarben, Werte von 10 Milligramm und mehr gemessen wurden.
Enzym mit Biss
“Viele Patienten, die an Covid-19 starben, wiesen mit die höchsten jemals gemeldeten Werte dieses Enzyms auf“, führt ein weiterer Studienautor, Floyd (Ski) Chilton aus, der sich seit mehr als drei Jahrzehnten mit diesem Enzym beschäftigt. Die Rolle des sPLA2-IIA-Enzyms wird seit einem halben Jahrhundert erforscht und ist “möglicherweise das am meisten untersuchte Mitglied der Phospholipase-Familie”, erklärte Chilton. Charles McCall, leitender Forscher an der Wake Forest School of Medicine, bezeichnet das Enzym als “Schredder”, da es bei schweren Entzündungen wie bakterieller Sepsis sowie hämorrhagischem und kardialem Schock bekanntlich besonders häufig vorkommt.
Frühere Forschungen haben gezeigt, wie das Enzym mikrobielle Zellmembranen bei bakteriellen Infektionen zerstört, und dass es genetisch mit einem Schlüsselenzym aus Schlangengift verwandt ist. Das Protein “weist eine hohe Sequenzhomologie mit dem aktiven Enzym in Klapperschlangengift auf, und wie das Gift, das durch den Körper fließt, hat es die Fähigkeit, an Rezeptoren an neuromuskulären Verbindungen zu binden und möglicherweise die Funktion dieser Muskeln zu deaktivieren“, sagte Chilton.
Löst Enzym Long Covid aus?
“Ungefähr ein Drittel der Menschen entwickelt Long Covid und viele von ihnen waren aktive Menschen, die jetzt keine 100 Meter mehr gehen können”, so Chilton. “Die Frage, der wir jetzt nachgehen, lautet: Wenn dieses Enzym noch relativ hoch und aktiv ist, könnte es dann für einen Teil der langen Covid-Erkrankungen, die wir beobachten, verantwortlich sein?”
Quelle: Wochenblick