Wissenschaftler kritisiert Bewertung von Naturheilverfahren durch die Stiftung Warentest
Archivmeldung vom 01.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach "Warentest-Kriterien" hätten auch Chirurgie und Kinderheilkunde Probleme. Die Ergebnisse des jüngst vorgestellten Buches zum Thema "Die Andere Medizin" der "Stiftung Warentest" stoßen auf Widerspruch auch von wissenschaftlicher Seite. In dem Buch werden zwei Drittel der getesteten 50 Verfahren durch einen Methodik-Experten als zur Therapie nicht geeignet eingestuft.
Gegenüber dem Gesundheitsinformationsdienst Gruppe M aus Düsseldorf
sagte dazu Professor Dr. Gustav Dobos, Inhaber des von der Alfried
Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung geförderten Lehrstuhls für
Naturheilkunde und Integrative Medizin an der Universität
Duisburg-Essen: "Der Mangel an ausreichenden
randomisiert-kontrollierten Studien (RCT) mit positiven Ergebnissen
führte aktuell zu dieser nachteiligen Bewertung. Ähnlich wäre die
Situation allerdings auch in der Chirurgie, zu der es kaum RCTs gibt,
und ebenso in der Pädiatrie, die ebenfalls nur wenig kontrollierte
Medikamentenstudien vorweisen kann. Nach den Kriterien der Stiftung
Warentest müssten dann auch diese Bereiche als "nicht geeignet"
eingestuft werden." Dies wäre natürlich völlig absurd.
Wie es zu diesem offensichtlichen Mangel an anerkannten Studien
kommt, erklärt Professor Dobos wie folgt: "Trotz des großen
Interesses der Bevölkerung, das durch aktuelle Erhebungen erneut
bestätigt wird, ist die Präsenz naturheilkundlicher Verfahren in der
wissenschaftlichen Forschung weltweit gering und noch sehr jung. Sie
hat sich erst seit 8 Jahren mit der Etablierung des National Centers
for Complementary and Alternativ Medicine am National Institute of
Health in den USA entwickelt. Dieses Institut vergibt mittlerweile
jährlich staatliche Forschungsgelder in Höhe von immerhin 140
Millionen Dollar. Deutschland hinke in der Entwicklung der
Wissenschaftspräsenz naturheilkundlicher Verfahren noch hinterher,
erklärt Dobos, "denn die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
fördert aktuell kein einziges Projekt im Bereich Naturheilkunde. Das
muss sich künftig ändern."
Dafür spräche das wissenschaftliche Interesse genauso wie der
Wunsch der Patienten. Vor allem die Traditionelle Chinesische Medizin
(TCM), so eine Anfang September veröffentlichte Umfrage des Instituts
für Demoskopie in Allensbach, erfreut sich in Deutschland zunehmender
Beliebtheit. Knapp zwei Drittel der deutschen Gesamtbevölkerung, so
Allensbach, würden eine kombinierte Therapie aus konventionell
bewährter Medizin, landläufig Schulmedizin genannt, und Verfahren aus
dem Bereich der TCM im Krankheitsfall bevorzugen. Lediglich 18
Prozent der Befragten zogen eine rein schulmedizinische Therapie vor.
Noch deutlicher sind die Präferenzen bei Personen, die bereits mit
Verfahren der TCM behandelt wurden: Von ihnen entschieden sich 89
Prozent für eine "integrative" Medizin, also der Kombination aus
Schulmedizin und Chinesischer Medizin.
Quelle: Pressemitteilung Gruppe M - Gesundheitsinformationsdienst