Schutz vor Allergien steckt im Heu
Archivmeldung vom 20.07.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBauernkinder haben nie Asthma oder Allergien. Warum das so ist, zeigen nun erstmals Bochumer Forscher im "Journal of Allergy and Clinical Immunology". Sie verabreichten Mäusen einen Zucker aus dem Heustaub von Kuhställen, und siehe da: Die Mäuse waren ihr Leben lang vor Allergien geschützt. "Sprays oder Nasentropfen werden auch Babys in einigen Jahren immun machen - vorausgesetzt, die Tests beim Menschen zeigen Erfolg", berichtet Marion Kauth, Co-Autorin der Studie, im pressetext-Interview.
Der Wunderstoff, den die Forscher im Heu fanden, heißt "Arabinogalaktan". "Das pflanzliche Zuckermolekül kommt in Gräsern vor, vor allem beim Futtermittel Wiesenfuchsschwanz", so Kauth. Im Körper dämpft das Molekül das Verhalten der dendritischen Zellen, die schädliche Eindringlinge sonst weiterleiten und eine Immunreaktion des Körpers auslösen. "Das verhindert, dass das Immunsystem übertrieben wachsam vor ungefährlichen Stoffen ist." Welche Rezeptoren dabei beteiligt sind, muss noch geklärt werden.
Die Suche nach dem Zucker war für die Forscher sprichwörtlich wie
jene nach der "Nadel im Heuhaufen". Sie ließen sich dazu Stallstaub aus
Bauernhöfen in Deutschland, Österreich und der Schweiz bringen und
analysierten ihn. "Der Vorteil von Bauernkindern ist, dass sie diesen
Staub von Geburt an einatmen. Bei vielen Bauernhöfen wird ja das Heu
oberhalb des Stalles gelagert, wobei sein Staub bei einer Umschichtung
die Luft anreichert. Diese hohe, schützende Dosis wird bei bloß einem
Spaziergang durch ein Feld nicht erreicht", sagt Kauth.
Prophylaxe für Babys denkbar
Die Mäuse, denen die Forscher nach der Geburt Arabinogalaktan verabreichten, waren später tatsächlich immun vor einer hohen Dosis verschiedener Allergene. Die Forscher hoffen nun, dass dieser Mechanismus auch dem Menschen hilft. "Mäuse und Menschen ähneln sich sehr in ihrer Immunreaktion. Der Stoff muss jedoch noch toxikologisch überprüft werden, bevor Tests beim Menschen starten", so Kauth. Das Endprodukt sei allerdings nicht eine Hilfe für Allergiker, sondern eine Allergieprophylaxe für Kinder im ersten Lebensjahr.
Warum die ersten Lebensmonate über die spätere Entwicklung von
Allergien entscheiden, erklärt Heike Behrbohn von der Deutschen Haut-
und Allergiehilfe e.V. gegenüber
pressetext: "Das Immunsystem ist in dieser Zeit noch unreif und kann
noch nicht zwischen schädlichen und unschädlichen Stoffen unterscheiden.
Zudem ist die Darmschleimhaut noch durchlässig für große Moleküle."
Kinderärzte empfehlen in den ersten Monaten das Stillen, da Muttermilch
frei von Fremdeiweißen ist.
Bauernhof trainiert das Immunsystem
Dass die meisten Bauernkinder kaum Probleme mit Allergien haben, bestätigt auch Behrbohn. "Die Hypothese ist, dass Babys, die in steriler Umgebung leben, eher gefährdet sind. Das Immunsystem muss trainieren und richtet sich dabei gegen harmlose Stoffe, die es in einem sauberen Umfeld vorfindet", so die Expertin. Das Immunsystem von Bauernkindern wird hingegen schon früh gefordert. "Es gibt Hinweise, dass auch Kinderkrippen die Allergiegefahr senken. Besser ist es, Babys nicht absichtlich und massiv Fremdstoffen auszusetzen."
Quelle: pressetext.deutschland Johannes Pernsteiner