Ökotest: Skandal um krebsverdächtige Cremes für Kleinkinder weitet sich aus
Archivmeldung vom 23.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer "Blackout" bei Ökotest weitet sich zum handfesten Skandal aus: Im neuesten Ökotest-Ratgeber "Kleinkinder" werden beim Test von Neurodermitis-Medikamenten ausgerechnet jene Cremes mit "sehr gut" benotet, die im Verdacht stehen, Krebs auszulösen.
Zusätzlich gesundheitsgefährdend ist, dass die
krebsverdächtigen Cremes Douglan, Elidel und Protopic für Kinder
unter zwei Jahren gar keine Zulassung besitzen, ohne dass der
Kleinkinder-Ratgeber von Ökotest darüber informiert.
Nach anfänglichem Abwiegeln hat der Geschäftsführer des
Frankfurter Magazins, Jürgen Stellpflug, einen handfesten Fehler von
Ökotest inzwischen zugegeben. Die krebsverdächtige Creme "Protopic
0,1 %", von Ökotest in der pharmakologischen Begutachtung mit "sehr
gut" benotet ("nur geringe Nebenwirkungen"), ist in der Tat weder für
Kinder noch für Jugendliche als Arzneimittel zugelassen, sondern
lediglich für Erwachsene. In den USA wird wegen potentiell
krebsauslösenden Inhaltsstoffen davor gewarnt. Dies hatte die
Krankenkasse SECURVITA in der vergangenen Woche aufgedeckt und den
Deutschen Presserat eingeschaltet. Ökotest wurde aufgefordert, einen
Warnhinweis an betroffene Eltern umgehend per Internet zu
veröffentlichen. Dies hat Ökotest verweigert.
Die FAZ berichtet in diesem Zusammenhang von einem weiteren
gravierenden Fehler von Ökotest: Während Ökotest seine positive
Haltung zu den umstrittenen Cremes damit zu verteidigen versuchte,
die Warnung der US-Gesundheitsbehörde vor den krebsverdächtigen
Cremes würde "von allen europäischen Experten" für "verfehlt"
gehalten, berichtet die FAZ das genaue Gegenteil: Nach Informationen
der Zeitung bereitet die europäische Arzneimittelzulassungsbehörde
EMEA zur Zeit einen Beschluss vor, dass diese krebsverdächtigen
Cremes einen deutlichen Warnhinweis auf der Packungsbeilage tragen
müssen. In den USA hat die Gesundheitsbehörde FDA bereits im Januar
2006 durchgesetzt, dass eine solche offizielle Warnung vor der
Krebsgefahr auf den entsprechenden Arznei-Infos aufgedruckt sein
muss.
"Ökotest bedient sich einer ganz ähnlichen Argumentation wie
Novartis, der Hersteller der Elidel-Creme", kritisiert Norbert
Schnorbach, Sprecher der SECURVITA. "Dass ein Pharma-Unternehmen die
Krebsgefahr herunterspielt, überrascht nicht. Wenn aber ein
kritisches Verbrauchermagazin wie Ökotest die gleichen Bewertungen
verwendet wie das Pharmaunternehmen, dann ist die kritische Distanz
verlorengegangen, die man von seriösen Warentestern gerade bei
Arzneimitteln verlangen muss."
Quelle: Pressemitteilung SECURVITA