Medikamentenschwemme - Chemiecocktail im Trinkwasser
Archivmeldung vom 26.08.2004
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Freigeschaltet durch Jens BrehlTäglich schlucken Millionen Deutsche Medikamente. Tonnenweise landen auch unverbrauchte Arzneimittel in der Kanalisation und verbleiben im Trinkwasser. Die Angler schlugen als erstes Alarm, als sie feststellten, daß der männliche Fischbestandteil abnahm. Sie hatten Recht: Inzwischen ist nachgewiesen, daß das synthetisch hergestellte Hormon der Anti-Baby-Pille, Estradiol, ungehindert über die natürliche Ausscheidung an allen Kläranlagen vorbeiin Flüsse und Seen gelangt. Die Langzeitwirkungen dieser Hormonschwemme sind bislang absolut unbekannt. Doch es sind nicht nur die Hormone. Dazu gelangen etwa 3.000 unterschiedliche Arzneimittelwirkstoffe, die in Deutschland auf dem Markt sind, ins Wasser: 16 Verbindungen konnten Berliner Forscher der TU kürzlich im Trinkwasser und rund 100 im Abwasser nachweisen. Hauptsächlich handelt es sich um Blutfettsenker (Clofibrinsäure), Schmerzmittel, Antirheumatika (Ibuprofen, Diclofenac) und diverse Analgetika. "Diese Stoffe finden sich überall in Deutschland", berichtet Markus Lehmann, Geoökologe bei der Landesanstalt für Umweltschutz in Baden-Württemberg. Kein Wunder: Allein 100 Tonnen Schmerzmittel rauschen jährlich durch die Toilette. Völlig überraschend ist, daß die Hauptverursacher dieses Medikamentencocktails im Trinkwasser nicht die Krankenhäuser sind, sondern die Privathaushalte, die 80 % dazu beitragen. Es ist zwar nichts über die giftigen Wirkungen dieser geringen Konzentrationen für den Menschen bekannt, doch eine Studie der Bochumer Ruhr Uni läßt eine andere Gefahr vermuten: Sie stellt einen Zusammenhang her zwischen der seit Jahren sinkenden Spermienzahl bei Männern und einer steigenden Rate von Hodenkrebserkrankungen durch Östrogene im Trinkwasser. Das Problem ist, daß viele Medikamente aus der Sicht des Gewässerschutzes ungünstige Eigenschaften haben: Sie sind biologisch schlecht abbaubar, hochwirksam und gut wasserlöslich, wodurch sie ihre wahre Wirkung erst richtig entfalten können. Von bestehenden Klärwerken können sie nicht eliminiert werden. Neue Techniken werden erprobt, doch bislang plant keine Kommune die Aufrüstung ihres Klärwerks. sie scheinen es nicht für nötig zu halten, sich durch eine "rein umwelthygienische Maßnahme" vor eventuellen Langzeitwirkungen zu schützen.
Quelle: Spiegel online vom 26.08.04 Den vollständigen Artikel findet man bei Spiegel online.
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