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Diabetes-Experten schlagen Alarm: "Streichung von Spezialnahrung gefährdet optimale Versorgung"

Archivmeldung vom 21.07.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.07.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Schwer kranke Diabetiker, die auf künstliche Ernährung angewiesen sind, müssen künftig mit einer schlechteren Versorgung rechnen.

Führende Ernährungs- und Diabetesexperten haben daher heute (21.) in Hamburg Alarm geschlagen. Die speziell auf die Bedürfnisse von Diabetikern angepasste Trink- und Sondennahrung soll dem Rotstift zum Opfer fallen und aus der Erstattung der
Krankenkassen gestrichen werden.

Für Heinz Windisch, Präsident des Verbands der Krankenversicherten Deutschlands (VKVD), ist dies ein Skandal: "Es ist der untaugliche Versuch, auf dem Rücken einer kleinen Gruppe von Patienten, die sich nicht wehren kann, die finanziellen Probleme der gesetzlichen
Krankenkassen zu lösen. Er wird schlimmstenfalls mit vermehrten Diabetes-Komplikationen, wie etwa Amputationen, erkauft." Dank dieser Spezialnahrung kämen die Diabetiker, die meist im Koma liegen oder wegen Schlaganfällen auf künstliche Ernährung angewiesen sind, mit deutlich weniger Insulin aus und hätten geringere Probleme mit zu hohen Blutfettwerten.

Hintergrund ist die geplante generelle Änderung der Erstattungsfähigkeit von Sondennahrung. Sie hatte bereits hohe Wellen geschlagen, als Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt
entsprechende Vorschläge des zuständigen Gemeinsamen Bundesausschusses, in dem Krankenkassen und Ärztevertreter das Sagen haben, im Frühsommer ablehnte und eine Nachbesserung forderte. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss in dieser Woche abgelehnt.

Professor Dr. Berthold Koletzko, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), hält es für erforderlich, die Rolle von Spezialnahrungen für Diabetiker sorgfältig zu überprüfen. Künstliche Ernährung in der ambulanten Versorgung
unterliege anderen Bedingungen als in der Klinik, wo eine engmaschige Kontrolle der Blutzuckerwerte und gegebenenfalls rasche Anpassung der Insulindosierung leichter möglich sei. Deshalb seien die Spezialnahrungen für Diabetiker besonders auch unter
Praxisbedingungen der Heimversorgung zu bewerten.

Dr. Peter Mayr, der als niedergelassener Arzt und als Diabetologe DDG eine der jüngsten klinischen Studien mit enteraler Ernährung geleitet hat, unterstrich dies. Aus seiner Sicht ist
Diabetes-Sondennahrung in der ambulanten Versorgung unverzichtbar. Nur so ließen sich ein halbwegs stabiler Blutzuckerwert erreichen und die Gefahr von lebensbedrohlichen Hypoglykämien sowie Folgekrankheiten vermeiden.

Der Bonner Ernährungswissenschaftler Professor Dr. Peter Stehle wies auf einen Widerspruch hin: Zum einen schreibe die Diätverordnung in Deutschland den Herstellern genau vor, welche Bestandteile Diabetesspezialnahrung haben müsse, andererseits halte der Gemeinsame Bundesausschuss solche Nahrung für überflüssig und verlange von den
behandelnden Ärzten auf die Verordnung zu verzichten.

Die Experten warfen dem Gremium fehlenden Überblick über die aktuellen klinischen Studien zu diesem Thema vor. Mit seiner Haltung widerspreche es den Empfehlungen und Leitlinien maßgeblicher Fachgesellschaften.

Der Präsident des Verbands der Krankenversicherten Deutschlands forderte daher den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Bundesgesundheitsministerium auf, Diabetes-Trink- und -Sondennahrung im Leistungskatalog der GKV zu erhalten. "Jede andere Entscheidung
ist unethisch, unsolidarisch und widerspricht dem Stand der medizinischen Kenntnis."

Pressemitteilung Verband der Krankenversicherten Deutschland e.V. vom 21.07.2005

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