Darmbakterien wandeln Lebensmittelinhaltsstoff in mutagene Substanz um
Archivmeldung vom 20.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDarmbakterien können Arbutin, das in einer Reihe von Lebensmitteln enthalten ist, in Hydrochinon umwandeln, eine mutagene Substanz, die im Tierversuch Krebs auslösen kann.
Dieses Untersuchungsergebnis veröffentlichte vor kurzem das Wissenschaftlerteam um Professor Michael Blaut und Professor Hans-Rudolf Glatt vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) in der Fachzeitschrift Food and Chemical Toxicology.
"Ob und welche Rolle dieser Prozess für die Entstehung von Darmerkrankungen wie
beispielsweise Darmkrebs spielt, können wir zum derzeitigen Zeitpunkt nicht
sagen. Wir haben daher weitere Experimente in Angriff genommen, die zur Klärung
dieser Fragen beitragen sollen," kommentiert Michael Blaut, Leiter der Abteilung
Gastrointestinale Mikrobiologie die Ergebnisse.
Seit längerem ist
bekannt, dass der menschliche Körper 64 bis 75 Prozent des aus der Nahrung
aufgenommenen Arbutins zu Hydrochinon-Derivaten abbaut und mit dem Urin
ausscheidet. Wo und wie Arbutin während des Abbauprozesses im Körper in das
mutagene Hydrochinon umgewandelt wird, war bislang jedoch nicht bekannt.
Das Forscherteam um Blaut und Glatt konnte nun zeigen, dass der
menschliche Stuhl Darmbakterien enthält, die innerhalb von 24 Stunden Arbutin
vollständig in Hydrochinon umwandeln können. Zudem fanden die Wissenschaftler
Hinweise darauf, dass mit der Nahrung aufgenommenes Arbutin nicht nur in den
Dünndarm, sondern auch in den mit Bakterien dicht besiedelten Dickdarm gelangt.
Nimmt man viel Arbutin über Lebensmittel auf, könnten somit im Dickdarm
relevante Hydrochinon-Mengen freigesetzt werden.
Zu den Lebensmitteln,
die Arbutin in höheren Konzentrationen enthalten, zählen Weizenprodukte und
Birnen. "Eine Portion* Birnen kann beispielsweise bis zu 4,8 mg Arbutin
enthalten, das besonders in der Schale angereichert ist," so Hans-Rudolf Glatt,
Leiter der Abteilung Ernährungstoxikologie. "Daher sollten Menschen, die oft und
viele Birnen essen, die Birnen vor dem Verzehr lieber schälen."
* eine
Portion Birnen entspricht etwa 180 Gramm
Publikation:
Blaut et
al., Mutagenicity of arbutin in mammalian cells after activation by human
intestinal bacteria. Food and Chemical Toxicology, 2006 [Epub ahead of print].
Hintergrundinformation:
Arbutin:
Bärentrauben-Blätter-Extrakte
werden zur Behandlung von Harnwegsinfektionen eingesetzt. Die Wirkung beruht
vermutlich auf dem hohen Arbutin-Gehalt der Extrakte und folgendem Mechanismus:
Der Körper baut Arbutin zu Hydrochinon-Derivaten ab, die in den Urin gelangen.
Dort nehmen die infektiösen Bakterien die Abbauprodukte auf und wandeln sie
intrazellulär in Hydrochinon um, wodurch sie sich selbst vergiften und
absterben.
Ebenso vermutet man, dass Arbutin Pflanzen vor
Infektionskrankheiten, wie beispielsweise dem Feuerbrand, schützt. Hierbei
handelt es sich um eine sehr gefährliche, meldepflichtige Krankheit an
Kernobstarten, verursacht durch Erwinia amylovora.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.