Sehproteine in Melanomzellen nachgewiesen
Archivmeldung vom 07.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSeh- oder Photorezeptorproteine, die einfallendes Licht in ein elektrisches Signal umwandeln, charakterisieren Zellen der Netzhaut. Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum entdeckten diese Proteine nun auch beim schwarzen Hautkrebs, dem Melanom. Das Abwehrsystem der Patienten bildet Antikörper gegen diese neue Klasse von Tumorantigenen.
In spezialisierten Zellen der Augennetzhaut, den Stäbchen und Zapfen, wird Licht
in ein elektrisches Signal umgewandelt. Das als Sehpurpur bekannte Rhodopsin
fängt Photonen ein und aktiviert daraufhin eine Kaskade von Proteinen, die
bewirkt, dass die Zellmembran ihr elektrisches Potenzial verändert. Anschließend
bringen weitere Enzyme das angeregte Rhodopsin wieder in den empfangsbereiten
Ausgangszustand. Die Proteine, die an diesen Prozessen beteiligt sind, werden im
gesunden Organismus nur in der Netzhaut und in der Zirbeldrüse gebildet.
Wissenschaftler der Klinischen Kooperationseinheit Dermatologische
Onkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums wiesen gemeinsam mit Kollegen in
Moskau und Brüssel acht der insgesamt zwölf Photorezeptorproteine auch in
Melanomzellen nach. Dieser hochinvasive schwarze Hautkrebs entsteht aus
entarteten Melanozyten, den pigmentbildenden Zellen der Haut. Diese sind
entwicklungsgeschichtlich mit den Sehzellen verwandt, da beide der
neuroektodermalen Linie des frühen Embryos entstammen. In gesunden Pigmentzellen
dagegen fanden die Wissenschaftler zwar Transkripte, also Abschriften der
Photorezeptorgene, konnten aber keines der Proteine nachweisen.
Die Netzhaut gehört zu den wenigen so genannten immunprivilegierten Geweben, die vom Abwehrsystem des Körpers nicht überwacht werden. Daher sollten Immunzellen die Photorezeptorproteine in Hautkrebszellen als "fremd" einstufen und Abwehrmaßnahmen gegen sie in die Wege leiten. Dies ist tatsächlich bei rund einem Viertel der untersuchten Melanompatienten der Fall: Sie bilden Antikörper gegen verschiedene Sehproteine, so zeigten die Autoren. Eine vergleichbare Situation ist für ein anderes immunprivilegiertes Organ, die männlichen Keimdrüsen, beschrieben: Proteine, die dieses Gewebe charakterisieren, sind ebenfalls als Tumormarker und Ziel der Immunantwort beim Melanom bekannt. Der Projektleiter Professor Dr. Stefan Eichmüller erklärt: "Wir können in Analogie zur bekannten Gruppe der Tumor-Hoden-Antigene eine neue Gruppe der Tumor-Netzhaut-Antigene definieren. Ob sich diese Proteine als Angriffspunkte für eine Immuntherapie des schwarzen Hautkrebses eignen, muss allerdings erst geprüft werden."
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.