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Aids vermutlich schon 100 Jahre alt

Archivmeldung vom 02.10.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.10.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Forscher aus den USA stellten nach einer neuen Analyse fest, dass die ältesten bisher bekannten Proben aus den Jahren 1959 und 1960 so verschieden sind, dass der ursprüngliche Stamm schon viel älter sein muss als bisher bekannt.

Als sich in Zentralafrika die ersten größeren Städte entwickelten, begann auch die Ära des HI-Virus. Das schließen US-Forscher aus einer Genanalyse der beiden ältesten bekannten Erreger-Proben aus den Jahren 1959 und 1960. Die beiden Virusvarianten unterscheiden sich bereits so stark voneinander, dass sie sich schon Jahrzehnte zuvor von ihrem gemeinsamen Vorfahren getrennt haben müssen, schreiben Michael Worobey von der University of Arizona in Tucson und seine Kollegen in der Fachzeitschrift "Nature" (Bd. 455, S. 661).

Die aus dem Jahr 1959 stammende HIV-Probe war bereits vor zehn Jahren entdeckt worden. Auf die jüngere stießen Worobey und sein Team erst kürzlich, als sie verschiedene in Paraffin eingegossene Gewebestücke aus den Jahren 1958 bis 1960 aus einem Krankenhaus in Kinshasa, der heutigen Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, untersuchten.

Bei der betreffenden Probe handelt sich um eine Biopsie aus einem Lymphknoten einer erwachsenen Frau, in der die Forscher nun eindeutig HIV vom Typ 1, der heute häufigsten Form des Virus, nachweisen konnten. Obwohl nur ein Jahr zwischen den beiden Infektionen gelegen hat, unterschied sich das Erbgut der 1959er von dem der 1960er Probe um zwölf Prozent - eine Abweichung, die nur durch eine lange voneinander getrennte Entwicklung der beiden Stämme zu erklären sei.

Der ursprüngliche HIV-Stamm, aus dem sich die beiden Untergruppen gebildet haben, müsse deshalb am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert erstmals aufgetreten sein, so die Forscher. Es handelte sich dabei nach heutigem Wissen um eine Abwandlung eines vor allem in Kamerun vorkommenden SI-Virus, das Schimpansen befällt und vermutlich durch den Verzehr von infiziertem Affenfleisch auf den Menschen übergegangen ist.

Eine entscheidende Frage sei, warum dieser Übergang nicht schon früher stattgefunden habe - schließlich sei der Konsum von Affenfleisch auch zuvor schon üblich gewesen. Nach Ansicht von Worobey und seinen Kollegen fehlte jedoch vor 1900 eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Ausbruch einer Epidemie: die Ansammlung vieler Menschen in einer größeren Stadt.

Vor 1910 hatte keine Siedlung in Zentralafrika mehr als 10.000 Einwohner, und erst als die ersten großen Städte gegründet wurden, begann auch die Ausbreitung der Viren. Die ersten Einzelfälle gab es dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit in Kinshasa, wo auch heute noch die größte Vielfalt an HIV-1-Varianten zu finden ist. 1960 waren dann in Zentralafrika einige Tausend Menschen infiziert.

 

2007 trugen weltweit etwa 55 Millionen Menschen das Virus in sich. Viele von ihnen, vor allem in Afrika, sind bereits an Aids gestorben. Eine Heilung ist bislang nicht möglich, allerdings habenimmer bessere Medikamente Überlebenschancen und Lebensqualität deutlich erhöht. In ärmeren Ländern sind die teuren Medikamente jedoch kaum verfügbar.

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