Autismus-Screening bei US-Kindern unpräzise
Archivmeldung vom 01.10.2019
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas am besten erforschte Screening-Tool für Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) unter Kleinkindern ist weniger präzise als frühere, unter Laborbedingungen durchgeführte Untersuchungen. Zu dem Schluss kommt eine groß angelegte, unter Real-World-Bedingungen durchgeführte Studie von Forschern des Children's Hospital of Philadelphia (CHOP). Auch erhalten nicht-weiße Kinder oft eine viel zu späte Diagnose.
Realität versus Labor
Die Experten haben auch nachgewiesen, dass es erhebliche Unterschiede bei der Erkennung früher Symptome der Krankheit bei Kindern aus ethnischen Minderheiten, einem städtischen Umfeld und aus Familien mit einem geringen Einkommen gibt. Die American Academy of Pediatrics empfiehlt für alle Kleinkinder ein Screening auf ASS. Es soll zwischen dem 18 und 24. Lebensmonat bei den Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden. Dabei soll die "Modified Checklist for Autism in Toddlers with Follow-Up (M-CHAT/F)" eingesetzt werden.
Die meisten Studien zur Evaluation von M-CHAT/F wurden jedoch unter Forschungsbedingungen und nicht mit Real World Data durchgeführt. Aus diesem Grund war nur wenig darüber bekannt, wie die Screening-Untersuchungen bei den Vorsorgeuntersuchungen konkret abliefen. Gleiches galt für Langzeitergebnisse bei Kindern mit einem negativen Ergebnis. Bei der CHOP-Studie handelt es sich laut den Studienautoren um die erste Analyse, die die Ergebnisse eines realen, umfassenden Screenings untersucht hat.
Laut der Hauptautorin Whitney Guthrie ermöglichen die in "Pediatrics" veröffentlichten Ergebnisse erstmals festzustellen, wie viele Kinder bei den ersten Screenings nicht erfasst wurden. "Eine frühzeitige Intervention verbessert jedoch erwiesenermaßen die Behandlungsergebnisse. Dieser Effekt kann bis ins Erwachsenenalter anhalten. Wir wissen, dass ein frühes und präzises Screening sowie eine möglichst rasche Diagnose entscheidende erste Schritte sind. Sie helfen den betroffenen Kindern dabei, Zugang zu wirksamen Therapien zu erhalten."
26.000 Akten ausgewertet
Die Forscher haben die elektronischen Krankenakten von 25.999 Patientinnen und Patienten ausgewertet, die zwischen dem 16. und 26. Lebensmonat das Screening durchlaufen hatten. Diese Kinder wurden vom vierten bis hin zum achten Lebensjahr weiter beobachtet. 91 Prozent dieser Kinder wurden mittels M-CHAT/F gescreent. Die Studie hat ergeben, dass M-CHAT/F nur rund 40 Prozent der Kinder identifizierte, bei denen später ASS diagnostiziert wurde.
Kinder mit positiven Screening-Ergebnissen erhielten durchschnittlich sieben Monate früher eine entsprechende Diagnose als jene mit negativen Testergebnissen. Damit liegt laut den Forschern nahe, dass ein frühes Screening auch frühzeitige Interventionen ermöglichen. Insgesamt wurden bei 2,2 Prozent der untersuchten Kinder später eine ASS-Diagnose gestellt. Dieser Wert entspricht den landesweiten Schätzungen der Centers for Disease Control and Prevention http://cdc.gov .
Trotz der erheblichen Mängel der derzeitigen Screening-Tools plädieren die Forscher nicht dafür, diese Initiative einzustellen. Diese Checks sollten auf jeden Fall weiter durchgeführt werden. "Mediziner sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass diese Tools manche der erkrankten Kinder nicht erfassen werden", so Guthrie. Jede Sorge von Berufskollegen oder Eltern sollte daher unbedingt ernst genommen werden.
Minderheiten stark benachteiligt
Laut den Studienergebnissen stammten jene neun Prozent der Kinder, die zwischen dem 18. oder 24. Lebensmonat keine Screening-Untersuchung erhielten, überproportional aus rassischen Minderheitengruppen. Sie lebten in Haushalten, in denen kein Englisch gesprochen wurde. Ebenfalls betroffen waren Familien mit einem niedrigeren Medianeinkommen und jene, deren medizinische Versorgung über das staatliche Gesundheitsfürsorgeprogramm Medicaid http://medicaid.gov abgedeckt wurde.
Bei der Durchführung der Screenings erhielten diese Kinder wahrscheinlicher ein falsch positives Ergebnis. Die Ergebnisse von M-CHAT/F waren zusätzlich bei Mädchen weniger präzise als bei Jungen. Laut Ko-Autorin Kate Wallis sind diese anhaltenden rassisch und wirtschaftlich bedingten Disparitäten beim Autismus-Screening ein Anlass zu tiefer Besorgnis. Sie spiegeln frühere Studienergebnisse wider, die einen Trend eindeutig belegten: Schwarze und hispanische Kinder erhalten ihre Diagnose wahrscheinlich Jahre später als ihre weißen Altersgenossen.
Quelle: www.pressetext.com/Moritz Bergmann