Ambulante Pflege kämpft mit Problemkeimen
Archivmeldung vom 28.06.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine repräsentative Studie der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) zeigt, dass Problemkeime und Hygienestandards die Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten vor große Herausforderungen stellen.
Problemkeime wie multiresistente Erreger, gegen die Antibiotika oft nicht wirken, können besonders für gesundheitlich geschwächte Menschen gefährlich werden. Über die Hälfte aller ambulanten Pflegedienste in Deutschland (57 Prozent) haben im vergangenen Jahr Menschen versorgt, bei denen dokumentiert war, dass sie mit einem solchen Erreger besiedelt waren. Soweit bekannt, kamen ambulante Dienste am häufigsten in Kontakt mit den drei Erregergruppen MRSA (zu 95 Prozent), ESBL-Bildner (zu 25 Prozent) und 3-MRGN/4-MRGN (zu 18 Prozent). Auch der Durchfallerreger Clostridium difficile machte Pflegebedürftigen häufig zu schaffen (18 Prozent). Diese Zahlen gehen aus einer repräsentativen, deutschlandweiten Umfrage des ZQP unter 400 Leitungskräften von ambulanten Pflegediensten hervor. Unter den befragten Pflegedienstleitungen gibt zudem jeder Vierte (27 Prozent) an, dass die Mehrheit der Mitarbeiter Angst davor habe, sich mit einem Problemkeim zu infizieren.
"Wir müssen im Gesundheitssystem die häusliche Pflege als relevantes Feld im Kampf gegen multiresistente Keime stärker wahrnehmen", fordert daher Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP. "Zu Risiken und dem richtigen Umgang mit solchen Infektionen im häuslichen Versorgungsumfeld müssen Angehörige und Profis gezielter aufgeklärt werden."
Die ZQP-Studie zeigt auch, dass Hygienefragen generell alle an der häuslichen Pflege beteiligten Gruppen vor große Herausforderungen stellen. Aus Sicht der ambulanten Dienste ist fehlendes Wissen von pflegenden Angehörigen ein zentrales Problem. Drei Viertel der befragten Pflegedienstleitungen gaben an (76 Prozent), dass dies die Umsetzung der fachlichen und gesetzlichen Hygienestandards bedeutend erschwere.
Doch die ambulanten Pflegedienste sehen auch bei sich selbst Probleme, hygienische Standards wie die Händedesinfektion vor und nach Pflegehandlungen einzuhalten. Laut Umfrage liegt dies in den meisten Fällen daran, dass die Mitarbeiter zu wenig Zeit haben (38 Prozent) oder generell zu wenig sorgfältig sind (24 Prozent). Als weitere Belastungen nannten die Befragten, nicht genügend Personal zur Verfügung zu haben (22 Prozent) sowie Wissensdefizite bei den Mitarbeitern (11 Prozent). Als die drei Hygienethemen mit dem dringendsten Informations- und Schulungsbedarf für Mitarbeiter gaben die Befragten an: Umgang mit Pflegebedürftigen mit Problemkeimen (27 Prozent), Händedesinfektion (20 Prozent) und Wundversorgung (16 Prozent). Ein weiteres Hindernis könnte sein, dass es zu wenig Raum gibt, um über Hygienethemen zu sprechen. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der Befragten berichten, dass Hygieneprobleme aus dem Praxisalltag maximal einmal monatlich im Team angesprochen werden.
Aber auch bei der Abstimmung mit dem Hausarzt hapert es oftmals. 19 Prozent der Befragten beklagen, dass bei dem ersten Kontakt mit einem neuen Klienten kein Austausch mit dem Hausarzt über hygienerelevante Informationen stattfindet, obwohl sie dies für wichtig hielten. Das bestätigt Suhr aus Sicht des ZQP: "Wir müssen Wissen, Kompetenz und Austausch auf Augenhöhe zwischen den drei wichtigsten Versorgungsakteuren in der häuslichen Pflege, den pflegenden Angehörigen, den ambulanten Diensten und den Hausärzten stärken, um die Sicherheit von Pflegebedürftigen zu verbessern."
Methoden und Vorgehensweisen der Studie
Der Auswertung liegt eine repräsentative Umfrage des ZQP im Bundesgebiet Deutschland zum Thema "Hygiene in ambulanten Pflegediensten" zugrunde. Die Stichprobengröße beträgt 400 (N=400). Unter den Befragten waren Leiter sowie Qualitäts- und Hygienebeauftragte von ambulanten Pflegediensten. Ausgeschlossen waren dabei Einrichtungen der ambulanten Intensiv- und Kinderpflege. Die Befragung wurde im Zeitraum vom 30. März bis 22. April 2016 durchgeführt. Die Befragung erfolgte durch computergestützte Telefoninterviews (CATI) anhand eines strukturierten Fragebogens. Die statistische Fehlertoleranz der Untersuchung in der Gesamtstichprobe liegt bei +/- 5 Prozentpunkten.
Quelle: Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ots)