Gesundheitssenator Czaja fordert Personalschlüssel für Ärzte in Krankenhäusern
Archivmeldung vom 10.12.2015
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.12.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBerlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) hat sich als erster führender CDU-Gesundheitspolitiker dafür ausgesprochen, den Krankenhäusern einen festen Personalschlüssel für Ärzte vorzuschreiben. "Ich bin davon überzeugt, dass ein System, das auf Fallpauschalen beruht, nur funktionieren kann in Korrespondenz mit Mindestpersonalvorgaben im ärztlichen und pflegerischen Bereich", sagte Czaja dem rbb-Magazin Klartext.
Die Berliner Krankenhäuser haben seit Einführung des Fallpauschalen-Abrechnungssystems im Jahr 2003 rund 10 Prozent ihres Personals abgebaut. Die Patientenzahl stieg im selben Zeitraum um rund 15 Prozent. Das bringt eine Arbeitsverdichtung mit sich, die nach Recherchen des rbb-Politikmagazins Klartext und rbb online dazu führt, dass Assistenzärzte zu früh alleine ohne Facharzt an der Seite in Dienste eingeteilt werden.
63 Prozent beklagen mangelnde Weiterbildung
So berichtet eine junge Allgemeinchirurgin dem rbb-Politikmagazin Klartext, dass sie bereits sechs Wochen nach ihrem Berufseinstieg in einer Berliner Klinik nachts eigenverantwortlich Patienten in der Rettungsstelle betreuen musste. Diese Aufgabe habe sie massiv überlastet, da sie auch Patienten mit Brüchen zu versorgen hatte, ohne in der Unfallchirurgie weitergebildet worden zu sein. Eine Patientin sei sogar gestorben, weil die Assistenzärztin nicht erkannte, dass diese schwer erkrankt war.
Der Assistenzarzt Ben Wachtler sagte im rbb-Magazin Klartext, dass viele Assistenzärzte zu Beginn ihrer beruflichen Karriere überfordert seien. "Es gibt nur sehr wenig Einarbeitungszeit aufgrund der knappen personellen Ressourcen auf den Stationen." Da die Ober- und Chefärzte ebenfalls häufig überlastet seien, bleibe nur sehr wenig Zeit für das Erlernen von teilweise grundlegenden Untersuchungen wie Ultraschall. Dies geht auch aus einer bundesweiten Umfrage des Marburger Bundes hervor, wonach 63 Prozent aller Assistenzärzte mangelnde Weiterbildung während der Arbeitszeit beklagen.
In einem Webspecial auf rbb-online.de schildern Assistenzärzte ihre Erfahrungen in Krankenhäusern - und berichten von den inneren Konflikten, die sich ergeben, weil ihre ethischen Berufsgrundsätze im durchökonomisierten Klinikalltag häufig nicht durchzusetzen seien.
Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) (ots)