Praxisbörsen offenbaren Ärztemangel - Freie Ärzteschaft erwartet mehr Praxisschließungen
Archivmeldung vom 18.02.2020
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Freigeschaltet durch André OttWird es den Hausarzt, Frauenarzt, Orthopäden oder Hautarzt in der Nähe demnächst noch geben? Das ist eine berechtigte Frage, wenn man sich ansieht, wie viele Ärztinnen und Ärzte derzeit ihre Praxis abgeben wollen und wie viele in eine Praxis einsteigen wollen.
"Auf den Praxisbörsen der Kassenärztlichen Vereinigungen ergibt sich ein klares Bild: Es gibt deutlich mehr Ärzte, die ihre Praxis zum Verkauf anbieten als Ärzte, die eine Praxis suchen", stellt Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft, fest. "Hier zeigt sich die zunehmende Verschärfung des Ärztemangels: Viele Praxisinhaber werden keinen Nachfolger finden und können ihre Praxis dann nur noch schließen", sagte Dietrich am Dienstag in Essen.
Diese Entwicklung zeichnet sich deutschlandweit ab. In Niedersachsen, Bayern und Hessen beispielsweise ist die Zahl der Bietenden etwa doppelt so hoch wie die der Suchenden. Noch deutlicher fällt das Ungleichgewicht in Brandenburg aus: Auf ein Gesuch kommen drei Angebote. Besonders dramatisch scheint es in Nordrhein-Westfalen zu sein: Während ein Arzt eine Praxis sucht, wollen fast vier Ärzte ihre Praxis abgeben. Rund die Hälfte der Ärzte, die ihre Praxis aufgeben wollen, sind Hausärzte. Die andere Hälfte sind Fachärzte, wie etwa Gynäkologen, Kinderärzte und Chirurgen, sowie Psychologische Psychotherapeuten.
"Für die Bürger werden schon bald weitere Lücken in der medizinischen Betreuung durch niedergelassene Ärzte spürbar sein", sagt Dietrich. "Daran ändern auch die leeren Versprechungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nichts." Denn Spahn trage mit seiner Gesetzgebung maßgeblich die Verantwortung dafür, dass die Praxistätigkeit für Ärzte immer weiter an Attraktivität verliere: Bürokratie, Überregulierung, Zwangsdigitalisierung mit Sanktionen, Regresse und Honorarverfall machten vielen Ärzten ihre Tätigkeit zunehmend schwerer. "Engagierte Ärzte", betont der FÄ-Chef, "lassen sich so kaum noch finden. Die massiven Eingriffe in die berufliche Autonomie und die realitätsfernen Erwartungen von Politik und Krankenkassen schrecken Ärzte ab, eine Praxis zu übernehmen."
Quelle: Freie Ärzteschaft e.V. (ots)