Ärzte fordern finanzielle Eigenbeteiligung der Patienten und mehr gesundheitliche Aufklärung
Archivmeldung vom 22.07.2014
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.07.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNicht nur im Fußball steht Deutschland an der Spitze - auch bei den Arztbesuchen sind wir Weltmeister: Über 18-mal im Jahr konsultiert jeder gesetzlich Versicherte Bundesbürger durchschnittlich den Arzt. Dass viele Mediziner dabei von Patienten mit Bagatellerkrankungen und Nichtigkeiten genervt sind, zeigt eine aktuelle Umfrage unter niedergelassenen Haus- und Fachärzten.
Der Ärztenachrichtendienst (änd) in Hamburg hatte vom 17. bis zum 21. Juli eine Online-Umfrage zum Thema Bagatellerkrankungen durchgeführt. Rund 590 niedergelassene Ärzte aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligten sich. 85 Prozent von ihnen gaben an, dass sie regelmäßig Besuch von Patienten erhielten, die eigentlich keiner medizinischen Behandlung bedürfen. Jeder zweite Arzt aus dieser Gruppe schätzte sogar, dass diese Fälle mehr als 20 Prozent der gesamten Patientenbesuche ausmachen. Nur 15 Prozent der Umfrageteilnehmer waren der Meinung, dass all ihre Patienten im Wartezimmer auch medizinische Hilfe benötigen.
Darüber, dass Patienten mit unbedeutenden Kleinigkeiten die eigene Arbeit behindern oder erschweren, klagten 80 Prozent der Ärzte, die solche Termine registrieren. Die große Mehrheit dieser Ärzte (87 Prozent) sind auch der Meinung, dass sie mehr Zeit für Patienten mit schweren Erkrankungen hätten, wenn weniger Bagatellfälle in die Praxis kämen. 80 Prozent von ihnen fordern daher mehr Maßnahmen von Politik und Kassen, um solche Bagatellfälle einzudämmen.
Welche Maßnahme das primär sein sollte, zeigt die Umfrage überdeutlich: 92 Prozent der Ärzte, die von Patienten mit Bagatellerkrankungen berichten, glauben, dass eine stärkere finanzielle Eigenbeteiligung die Zahl dieser Patientenbesuche deutlich reduzieren könnte.
Die Ärzte hatten im Rahmen der Umfrage auch die Möglichkeit, Kommentare über eine Freitextfunktion einzugeben. Häufig wurde dort eine feste prozentuale Eigenbeteiligung der Patienten pro Arztbesuch angeregt. Dies könne helfen, die Ressourcen in der ambulanten Versorgung optimaler zu nutzen. Gleichzeitig favorisieren zahlreiche Mediziner die Umstellung der ärztlichen Vergütung auf ein Modell der Kostenerstattung beziehungsweise auf eine für Arzt und Patient transparente Rechnungserstellung.
Auffallend oft forderten die Ärzte auch eine intensivere Aufklärungsarbeit über Krankheiten und den menschlichen Körper schon in den Schulen. Ebenso müssten sich die Medien um eine sachliche und informative gesundheitliche Aufklärung bemühen. Einer von zahlreichen Kommentaren in dieser Richtung: "Nicht jedes Zwicken ist gleich eine Krebserkrankung - da sind im Internet so viele Halbwahrheiten und Fehlinformationen zu finden, dass wir oft unnötige Ängste erleben", schreibt ein Arzt.
Der Ärztenachrichtendienst (änd) ist Betreiber des unabhängigen Ärztenetzwerk Hippokranet mit mehr als 52.000 registrierten Mitglieder - dazu gehören niedergelassene und Klinik-Ärzte aller Fachrichtungen. Es finden sich in über 780 Spezialforen mehrere 100.000 Diskussionsbeiträge zu medizinischen, technischen und gesundheitspolitischen Themen. Seit der Gründung im Jahr 2000 durch Dr. med. Bernd Guzek, hat sich das Portal der von einem reinen Informationsdienst hin zur einer der aktivsten deutschsprachigen Ärzte-Communitys entwickelt.
Quelle: Ärztenachrichtendienst Verlags-AG (änd) (ots)