BUND fordert Verbot von Babyflaschen aus Polycarbonat
Archivmeldung vom 19.09.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach den Warnungen des Umweltbundesamtes über mögliche Gesundheitsschäden durch die Chemikalie Bisphenol A hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein Verbot von Babyflaschen aus Polycarbonat gefordert.
Bisphenol A ist der Grundstoff für Polycarbonat. Bei Föten, Säuglingen und Kleinkindern kann Bisphenol A Schäden bei der Gehirnentwicklung verursachen. Neueste Studien belegen bei Erwachsenen einen Zusammenhang von erhöhten Bisphenol A-Werten im Blut mit Leberschäden, Diabetes und Herzkrankheiten. Bei über 90 Prozent der Bevölkerung ist Bisphenol A bereits im Körper nachweisbar.
"Es ist nicht hinnehmbar, dass die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die vorliegenden Untersuchungen über die Gefährlichkeit von Bisphenol A weiter ignoriert", sagte Heribert Wefers, Chemieexperte beim BUND. "Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung muss endlich handeln und ein Verbot von Polycarbonat in Babyfläschchen auf den Weg bringen." Die deutschen Behörden müssten außerdem dafür sorgen, dass Bisphenol A auf die Liste der von der EU-Chemikalienverordnung REACH als besonders besorgniserregend eingestuften Substanzen gesetzt werde. Ein seitens der Hersteller beantragter Einsatz der Chemikalie im Lebensmittelsektor dürfe entsprechend der Richtlinie dann nicht mehr zugelassen werden.
Die Chemieunternehmen Bayer und Dow Chemical vermarkten in Deutschland jährlich rund 400000 Tonnen des Stoffes. Außer bei der Herstellung von Babyfläschchen wird Bisphenol A u. a. in Beschichtungen von Konserven- und Getränkedosen sowie in Plastikbehältern für Lebensmittel eingesetzt. Laut BUND sind Babyflaschen aus Polycarbonat in Kanada bereits verboten. Auch der amerikanische Handelsriese "Walmart" habe angekündigt, sie aus dem Sortiment zu verbannen. "Die Handelsketten in Deutschland müssen dem umgehend folgen, das sind sie der Gesundheit der Kinder schuldig", sagte Wefers.
Der BUND veröffentlichte heute unter dem Titel "Hormone in der Babyflasche - Bisphenol A: Beispiel einer verfehlten Chemikalienpolitik" eigene Recherchen, die das Gefährdungspotential von Bisphenol A belegen. Demnach ist die Tatsache, dass geringe Mengen des Stoffes das Hormonsystem von Menschen und Tieren schädigen können, bereits seit mehr als zehn Jahren bekannt.
Auf Basis von der Chemieindustrie finanzierter Studien hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA den Grenzwert für die maximal erlaubte tägliche Aufnahmemenge für Bisphenol A 2007 heraufgesetzt. Betrug dieser 2006 noch 10 Mikrogramm pro Kilo Körpergewicht, liegt er jetzt bei 50 Mikrogramm. Dies stößt seitdem auf massive Kritik namhafter Wissenschaftler. Professor Imbrahim Chahoud, Toxikologe an der Berliner Charite: "Die Anhebung des Grenzwertes für Bisphenol A ist unverantwortlich, da schon geringe Mengen des Stoffes erhebliche negative gesundheitliche Auswirkungen haben können. Die deutschen und die EU-Behörden müssen endlich die Vielzahl unabhängiger Studien berücksichtigen und mindestens die ursprünglich angewendeten niedrigen Grenzwerte für Bisphenol A beibehalten."
Quelle: BUND