Leiden im Zwielicht - Viele Mediziner bezweifeln schwere Beschwerden nach einem "Schleudertrauma"
Archivmeldung vom 25.10.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.10.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEtwa die Hälfte der Patienten, die bei einem Unfall ihre Halswirbelsäule verrenkt haben, übertreiben ihre Beschwerden massiv. Das zumindest behauptet der Gutachter Professor Andreas Stevens, Oberarzt an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Tübingen.
"Mein Eindruck ist, dass das
Simulieren, also das Erfinden von Symptomen, bei der Erstuntersuchung
nicht stattfindet", sagt aber Professor Matthias Keidel, Psychologe
und Neurologe an der Klink für Neurologie am Bezirkskrankenhaus
Bayreuth in der "Apotheken Umschau". Spätere Versuche einer
Überbetonung hält er aber für durchaus möglich. Ein erfahrener Arzt
könne dies jedoch erkennen. Etwa ob Mimik und Schmerzäußerungen mit
dem Tastbefund übereinstimmen.
Das Problem der Untersucher: Die möglichen Verletzungen der in der
Fachsprache als HWS-Distorsion oder Schleudertrauma bezeichneten
Unfallfolgen sind kaum objektivierbar. Autopsien verstorbener
Patienten haben allerdings Verletzungen der Nackenwirbelsäule
gezeigt, welche die Beschwerden durchaus erklären. Auch
Untersuchungen per Magnetresonanztomografie konnten die Schmerzen
schon erklären. Das teure Verfahren wird aber nur selten als
gerechtfertigt angesehen.
So kommt es immer wieder zwischen Patienten und Versicherungen zu langen Auseinandersetzungen über Entschädigungs-Forderungen, in denen beide Seiten scheinbar schlüssige Gutachten vorlegen. Weil Simulieren offensichtlich möglich und die wissenschaftliche Einschätzung so umstritten ist, kämpfen die Versicherungen mit harten Bandagen. Manch ein tatsächlich Geschädigter wird dabei zu Unrecht zu den Verlierern gehören.
Quelle: Pressemitteilung Wort und Bild "Apotheken Umschau"