Von wegen Transparenz: DUH und foodwatch kritisieren neues Verbraucherinformationsgesetz
Archivmeldung vom 09.11.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) und die Verbraucherorganisation foodwatch e. V. haben den Änderungsentwurf des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) der Bundesregierung als unzureichend kritisiert. Dieser war heute Thema einer öffentlichen Anhörung im Verbraucherausschuss des Bundestages. Ziel des Gesetzes zur Verbesserung der Verbraucherinformation ist es, die Konsumentenrechte zu stärken und zu verbessern. Das ursprüngliche Gesetz ist seit 1. Mai 2008 in Kraft. Verbraucherschützer werfen Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) vor, das Gesetz verfehle aufgrund diverser Konstruktionsfehler sein eigentliches Ziel. Auch die jetzt geplante Überarbeitung des Gesetzes droht an wesentlichen Stellen, einen effektiven Verbraucherschutz zu konterkarieren.
"Dass der neue Entwurf jetzt teils auch erfreuliche Verbesserungen enthält, ist zweifelsohne wichtig und begrüßenswert", sagt Rechtsanwältin der DUH, Cornelia Ziehm. "Endlich wird etwa die transparente Gestaltung des Marktes für den Verbraucher als eigentlicher Zweck des Gesetzes klar benannt. Insgesamt hält der Gesetzentwurf aber nicht das, was Frau Aigner Anfang des Jahres versprochen hat. Vor allem nützt alle Mühe wenig, wenn man gleichzeitig Maßnahmen ergreift, die den Sinn des Gesetzes untergraben."
Der klageberechtigte Verbraucherschutzverein DUH kritisiert insbesondere einen Paragraphen in dem Gesetzentwurf, der es den verantwortlichen Behörden ermöglicht, Anträge von Verbrauchern und Organisationen ohne größere Begründung abzulehnen. Nach Auffassung der DUH würden damit Sinn und Zweck des Verbraucherinformationsgesetzes in Frage gestellt. Der Entwurf sieht vor, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, falls die Behörde durch dessen Bearbeitung die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt sieht. "Dieser unbestimmte Rechtsbegriff öffnet der Exekutive Tür und Tor, jede Anfrage im Keim zu ersticken, wenn sie vielleicht nicht sofort oder einfach zu beantworten ist. Und sie verkennt vollständig, dass den Behörden mit dem Verbraucherinformationsgesetz gerade die Aufgabe der Informationsbereitstellung als gleichwertige neue Aufgabe neben anderen Behördenaufgaben übertragen wird", so Ziehm.
Aus Sicht der Verbraucherschützer geht diese Änderung zu Lasten der Transparenz und damit zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie würden auf diese Weise weiter als Bittsteller, nicht aber als Inhaber von Informationsrechten angesehen und behandelt. Das Amtsgeheimnis würde manifestiert.
Die Angst vor einem erhöhten bürokratischen Aufwand seitens des Gesetzgebers will foodwatch nicht gelten lassen. "Bürokratie und Kosten könnte die Bundesregierung einfach dadurch verringern, dass sie die aktive Information über Gesundheitsgefahren, Täuschungsfälle und Hygieneverstöße ohne Ermessensspielräume endlich zur Pflicht für die Behörden machen würde - denn wenn die aktive Information zum Normalfall wird, müssen die Verbraucher nicht erst Anträge auf Informationen stellen", so Anne Markwardt, Verbraucherrechts-Expertin von foodwatch. "Frau Aigner muss die Gesetzesnovelle nutzen, um die Rechtsgrundlage für die Einführung eines Smiley-Systems oder einer Hygiene-Ampel zur Veröffentlichung der Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen direkt in den Betrieben zu schaffen." In Bezug auf die mit der VIG-Novelle geplante Änderung von § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches spricht Markwardt von einem "Gammelfleisch-Paragraphen": "Auch bei Gammelfleisch-Funden müssen Verbraucher weiter nicht unverzüglich informiert werden. Ob und wann Behörden informieren, liegt in ihrem eigenen Ermessen. Wenn es sich 'nur' um Täuschung oder Verstöße gegen Hygienevorschriften handelt, sollen die Verbraucher erst dann gewarnt werden, wenn ein Bußgeld von mindestens 350 Euro verhängt wurde - bis das aber rechtskräftig ist, sind die Produkte längst verzehrt. Wer täuscht, wird also besser geschützt als die Verbraucher."
Beide Organisationen kritisierten zudem die Aufhebung der gegenwärtig zumindest auf Bundesebene bestehenden Gebührengrenze. Lediglich Anfragen, die einen Verwaltungsaufwand von 250 Euro (beziehungsweise von 1.000 Euro bei Rechtsverstößen) verursachen, sollen in Zukunft kostenfrei sein. DUH und foodwatch sind sich einig, dass eine derartige Gebührenfestsetzung in abschreckender Höhe das Verbraucherinformationsgesetz in seiner jetzigen Form untergräbt. In eigenen Stellungnahmen machen beide Vereine deutlich, dass der Gesetzentwurf grundlegend hinter den Anforderungen eines effektiven Verbraucherschutzes zurückbleibt und fordern eine erneute Überarbeitung des Gesetzes.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)