Fastfood to go - disease to come: Deutsche kennen die Risiken und ignorieren sie
Archivmeldung vom 12.05.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.05.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Trend zu ungesunden Ernährungsgewohnheiten hat sich deutlich verstärkt. Zu diesem Schluss kommt der Report "Ernährungsrisiken", den die Techniker Krankenkasse (TK) heute in Berlin vorgestellt hat.
Ihr Fazit: Zwar sind die Menschen inzwischen
bestens über gesunde Ernährung informiert und haben gute Vorsätze (98
Prozent), können sich den einschleichenden Gewohnheiten einer
globalisierten "Fastfood to go"-Gesellschaft aber immer weniger
entziehen. Schon die Gruppe der über 40-Jährigen leidet heute
überwiegend an Übergewicht. Besonders Besorgnis erregend ist die
Entwicklung bei den unter 25-Jährigen: Hier vereint sich Desinteresse
an gesunder Ernährung mit einer starken Tendenz zu Fastfood und
ungesunder Schnelllebigkeit.
"Die Untersuchung zeigt, dass ein negativer Trend, der in Amerika
etwa ein halbes Jahrhundert gebraucht hat, sich hier in Deutschland
innerhalb kürzester Zeit ausbreitet", sagte Professor Dr. Norbert
Klusen, Vorsitzender des TK-Vorstandes, und warnte vor den Folgen
dieser Entwicklung: "Herz- und Kreislaufkrankheiten, extremes
Übergewicht und Diabetes werden sich noch massiver ausbreiten als
bisher, wenn jetzt nicht entschlossen gegengesteuert wird", so
Klusen.
"Unsere Untersuchung zeigt, dass die guten Werte gesunder
Ernährung nach wie vor zählen, sich aber immer häufiger dem
hektischen Alltag beugen müssen", sagte Dag-Uwe Holz,
Geschäftsbereichsleiter Länder- und Branchendienste des
F.A.Z.-Instituts für Management-, Markt- und Medieninformationen. So
geben 98 Prozent der Befragten an, dass ihnen ihr Gewicht wichtig ist
und sie dem Essen in Ruhe mit dem Partner oder der Familie eine große
Bedeutung zumessen. Auch bei den guten Vorsätzen sind die Deutschen
vorbildlich: Jeder Fünfte versucht mehrmals im Jahr abzunehmen, und
jeder Dritte wünscht sich, weniger Alkohol zu trinken. Jeder zweite
Befragte meint, zu schnell zu essen und möchte sich für Mahlzeiten
mehr Zeit nehmen.
Ernüchternd ist dagegen die Analyse der Ernährungsgewohnheiten:
Obwohl praktisch jeder (unabhängig von Einkommen und Bildungsgrad)
weiß, dass man sich beim Essen Zeit lassen sollte, zuviel Fett,
Fleisch, Eier und Wurst nicht gut für die Gesundheit sind und
Blitz-Diäten meist ohne Wirkung bleiben, verhalten sich die meisten
wider besseren Wissens anders. Jeder zehnte Deutsche verzichtet
bereits morgens auf das Frühstück, ebenso viele essen häufiger als
dreimal pro Woche Fertiggerichte und für jeden Zweiten gilt: "Ich
esse, was mir schmeckt, egal ob es gesund ist oder nicht." Nur zwei
Prozent der Befragten gaben an, als Vegetarier gar kein Fleisch zu
essen.
Auch Vorlieben aus der Nachkriegszeit haben bis heute einen hohen
Stellenwert. So bejahen vor allem Männer (46 Prozent), dass Fett zu
einem guten Essen einfach dazugehört. Dies gilt vor allem für
Menschen mit geringem Einkommen. Außerdem meint die Gruppe der
Geringverdiener mehrheitlich, zuwenig Geld zu haben, um sich gesund
zu ernähren. Dabei tendieren gerade einkommensschwache Familien
gleichzeitig stark zu Fleisch, Wurst und Fastfood - Lebensmittel, die
im Vergleich zu gesünderen Nahrungsmitteln sogar teurer sind.
Gänzlich unbeeindruckt von den möglichen Gesundheitsrisiken ihrer
Ernährungsgewohnheiten zeigen sich vor allem junge Menschen: 14
Prozent der unter 24-Jährigen essen in jeder Woche viermal und öfter
Fastfood. Beinahe jeder Dritte in dieser Altersgruppe (29 Prozent)
gab an, mehrmals täglich Eier, Wurst oder Fleisch zu essen. Auch die
Herkunft und Inhaltsstoffe der Nahrungsmittel spielen für sie nur
eine untergeordnete Rolle: Nur 33 Prozent der unter 24-Jährigen
achtet darauf beim Einkauf.
Ingesamt zeigt sich, dass die Schere zwischen dem Wunsch zu
gesünderer Ernährung und den tatsächlichen Ernährungsgewohnheiten in
allen Altersgruppen immer weiter auseinander geht. Dies gilt auch für
die Umstände, unter denen gegessen wird. So hat sich eine regelrechte
"to-go"-Unkultur entwickelt, und der Anteil der Außer-Haus-Essen hat
sich innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt. Und selbst bei den
Hauptmahlzeiten kann von Ruhe keine Rede mehr sein: Jeder Dritte
beschäftigt sich schon beim Frühstück zusätzlich mit etwas anderem
(hauptsächlich Lesen), beim Mittagessen jeder Sechste. Abends ist der
Fernseher inzwischen für jeden dritten Befragten während des Essens
ein ständiger Begleiter.
Das Fazit der bevölkerungsrepräsentativen Studie, für die das
Forsa-Institut im April 2006 insgesamt 1.004 deutschsprachige Bürger
über 14 Jahre befragt hat: Es mangelt nicht am Wissen, es mangelt am
Willen, am Durchhaltevermögen und an der Zeit.
Quelle: Pressemitteilung Techniker Krankenkasse (TK)