Traditionelle Zimtsterne unsicher?
Archivmeldung vom 04.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZimtgebäck ist nach Presseberichten in die Diskussion geraten, obwohl Zimt in Europa seit dem 15. Jahrhundert verwendet wird und in jedem Haushalt im Gewürzregal steht. Die deutschen Zimtgebäckhersteller bieten dem Verbraucher dieses Jahr wieder ihre Produkte nach traditionellen Rezepturen an, wie dies seit Jahrzehnten unbeanstandet der Fall ist.
Zimt enthält als natürlichen Bestandteil Cumarin, dessen
gesundheitliche Bewertung derzeit zwar diskutiert wird, dessen
abschließende Bewertung auf europäischer Ebene aber noch aussteht.
Nach einer Bewertung der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde
EFSA berechtigen neueste Studien sogar zu einer Aufhebung des
bestehenden Grenzwertes für Cumarin in der EU-Aromenrichtlinie von 2
mg/kg. Daher soll der Grenzwert im Entwurf der neuen europäischen
Aromenverordnung aufgehoben werden. Auch die amerikanische
Lebensmittelbehörde FDA beurteilt Zimt als sicher (GRAS-Status).
Anders in Deutschland. Hier ist ein Streit darüber ausgebrochen,
ob der Cumarin-Grenzwert der Aromenverordnung auf Zimtgebäck
anwendbar ist. Hierzu Klaus Reingen, Hauptgeschäftsführer des
Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI): "Für
Zimtpulver, wie es auch im Haushalt verwendet wird, gibt es überhaupt
keinen Grenzwert. Bei Zimtgebäck, in dem Zimtpulver nur als Backzutat
mit etwa 0,5 % eingesetzt wird, soll dagegen der extrem niedrige
Grenzwert der Aromenverordnung Anwendung finden. Dies ist
widersprüchlich, zumal Zimtgebäck nur saisonal verzehrt wird. Somit
ist die Verzehrsmenge so gering, dass es für den normalen Verbraucher
völlig unbedenklich ist."
Auch der Experte für Bio- und Lebensmittelchemie Professor Dr. Dr.
Hans Steinhart von der Universität Hamburg hält die Aufregung um
Cumarin in Zimtgebäck für übertrieben und unverhältnismäßig: "Zimt
wird weltweit als Gewürz seit Jahrhunderten im Haushalt sowie bei der
handwerklichen und industriellen Herstellung verwendet. Es enthält
als natürlichen Inhaltsstoff Cumarin, dessen gesundheitliche Wirkung
wieder aktuell diskutiert wird. Es ist aber unverständlich, dass aus
diesem Grund Zimtgebäck mit traditionell üblichen, geringen Gehalten
an Zimtpulver aus dem Verkehr gezogen werden soll, während Zimtpulver
als solches weiterhin verkauft werden darf."
Mehrere Rechtsgutachten kommen zu dem Schluss, dass die
Aromenverordnung nicht für Zimtgebäck gilt. Diese Gutachten besagen,
dass Zimtgebäck unter allen rechtlichen Aspekten sicher und
verkehrsfähig ist. Dies ist beispielsweise auch die amtliche
Rechtsauffassung in Großbritannien. In keinem anderen
EU-Mitgliedstaat haben die Zimtgebäckhersteller derartige Probleme
mit den Lebensmittelbehörden.
"Bevor Maßnahmen ergriffen werden und viele Arbeitsplätze -
derzeit nur in Deutschland - vernichtet werden, sollte zunächst die
rechtliche und wissenschaftliche Bewertung und Diskussion auf
europäischer Ebene abgeschlossen sein", so Klaus Reingen,
Hauptgeschäftsführer des BDSI.
Warum der Rechtsstreit und die noch offene wissenschaftliche Bewertung nun auf dem Rücken dieser Branche ausgetragen wird, ist den Herstellern von Zimtgebäck völlig unverständlich. Selbstverständlich werden die Hersteller von Zimtgebäck aber weiterhin im Interesse eines vorbeugenden Verbraucherschutzes die Diskussion und Bewertung von Cumarin mit Behörden und Wissenschaft aktiv fortführen. Dies geht sogar so weit, dass Hersteller derzeit erwägen, Zimtgebäck vorsorglich aus dem Handel zu nehmen.
Quelle: Pressemitteilung Bundesverband der Deutschen Süßwarewnindustrie e.V. (BDSI)
Anmerkung der Redaktion:
Laut einem Artikel im aktuellen Focus (Nr. 40) enthält nicht jede Zimtsorte, die den Grenzwert überschreitende Menge von Cumarin. In Ceylon-Zimt ist der Cumarin-Anteil beispielsweise deutlich niedriger als in dem von den Herstellern, aus welchem Grund auch immer, verwendeten Cassia-Zimt.
Cumarin ist sowohl als Gift wie auch als Duftstoff bekannt. Seit 1876 wird es kommerziell genutzt, Chemiker entwickeln sogar Arzneimittel (Warfarin) daraus