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Giftiges Benzol in Erfrischungsgetränken

Archivmeldung vom 22.04.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.04.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Benzolflasche
Benzolflasche

Foto: Robin Müller
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Erfrischungsgetränke namhafter Marken enthalten den giftigen Stoff Benzol. Das haben Untersuchungen im Auftrag des Verbraucher- und Wirtschaftsmagazins "Markt" im NDR Fernsehen ergeben. Benzol kann nachweislich Krebs auslösen. Wissenschaftler und Verbraucherschützer sind alarmiert.

Auf dem Etikett klingen die Getränke schön gesund: "Weißtee & Birne", "Grüntee & Traube" oder "Rooibostee & Pfirsich" von Gerolsteiner, Multivitaminsaft von Christinen Brunnen, "FUN ONE Zuckerfrei" oder "Fitness Cherry". In all diesen Getränken hat das von "Markt" beauftragte Labor Benzol gefunden. Mit 2 bis 6,8 Mikrogramm pro Liter wurde der zulässige Grenzwert für Trinkwasser deutlich überschritten. Der liegt bei 1 Mikrogramm pro Liter. Einen Grenzwert für Erfrischungsgetränke gibt es nicht, zur Orientierung gilt die Trinkwasserverordnung. Doch bei Benzol kann schon die kleinste Menge gefährlich sein. "Es erzeugt Krebs, es wirkt auf Keimzellen. Deshalb ist Benzol in Lebensmitteln ein unerwünschter Stoff", erklärt der Toxikologe Dr. Hans-Wolfgang Hoppe vom Medizinischen Labor Bremen. "Dass wir Werte weit oberhalb der Trinkwasserverordnung finden, überrascht und erschreckt mich."

Nach Recherchen von "Markt" kennen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sowie das Verbraucherschutzministerium das Problem von Benzol in Erfrischungsgetränken. Bereits im Jahr 2005 warnte das BfR, dass Benzol entstehen könne, wenn Erfrischungsgetränke Benzoesäure enthalten, zum Beispiel Natriumbenzoat als Konservierungsstoff. Enthalte das Getränk zusätzlich Ascorbinsäure, also Vitamin C, könne sich dadurch Benzol bilden.

Das Verbraucherschutzministerium verlässt sich seitdem auf die Ankündigung des Verbandes der Erfrischungsgetränke (Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V.), auf den Konservierungsstoff Benzoesäure weitgehend zu verzichten. Doch in dem Verband sind gar nicht alle Hersteller organisiert. Auf Anfrage von "Markt" schreibt das Verbraucherschutzministerium, dass die Hersteller ihre Rezepturen umgestellt hätten und auf den Zusatz von Benzoesäure verzichten würden. Ein gesetzliches Verbot gab es nicht. Die Untersuchung von "Markt" zeigt: Der Konservierungsstoff Benzoesäure wird in Form von Natriumbenzoat noch verwendet.

"Ich bin der Auffassung, dass man bei einem so brisanten Problem inzwischen doch mehr hätte leisten müssen, um jetzt den Verbraucher vor diesen Benzolgehalten in den Getränken schützen zu können", kritisiert der Kieler Toxikologe Dr. Hermann Kruse. Die Verbraucherschützerin Regina Aschman von der Verbraucherzentrale Bremen zeigt sich schockiert: "Was haben die Behörden gemacht seitdem? Gar nichts ist passiert. Aus Verbrauchersicht müsste so ein Konservierungsstoff - und darum handelt es sich ja bei Benzoesäure - verboten werden, wenn es dazu kommt, dass tatsächlich gefährliche Substanzen wie Benzol dabei entstehen können."

Konfrontiert mit den Ergebnissen, schreibt der Hersteller von "Fitness Cherry" an "Markt": "Für eine höchstmögliche mikrobiologische Sicherheit bei stillen Erfrischungsgetränken ist die Verwendung von Natriumbenzoat unumgänglich." Gerolsteiner Brunnen erklärt, dass eigene Analysen keine Auffälligkeiten bei der Benzolbildung ergeben hätten. Trotzdem prüft das Unternehmen jetzt, wie es künftig ganz auf Konservierungsstoffe verzichten könne. Der Hersteller von "FUN ONE zuckerfrei" äußert sich nicht. Edeka als Verkäufer bedankt sich für die Recherche von "Markt" und will seine Filialen informieren, die FUN ONE verkaufen. Christinen Brunnen nimmt den Multivitaminsaft im Juni vom Markt.

Gegendarstellung von Christinen Brunnenzur zur NDR TV-Sendung Markt, heute 20h15

Neben weiteren Getränken verschiedener Anbieter, die laut Aussage des Senders "positiv auf Benzol getestet" wurden, nennt der Beitrag auch das Getränk Multivitamin Diät, 1,5 Liter, des Markenherstellers Gehring-Bunte (Christinen Brunnen).

Dazu erklärt das Bielefelder Unternehmen folgendes:

Die - wenngleich selten auftretende - Bildung von Benzol in Kleinstmengen ist als natürliche Reaktion der in der Getränkeherstellung gesetzlich zugelassenen Stoffe Natriumbenzonat und Ascorbinsäure (Vitamin C) bei der Produktion von Süßgetränken, die künstliche Süßstoffe enthalten, möglich und in der dabei nachweisbaren Konzentration in keiner Weise gesundheitsgefährdend. Bei mit natürlichen Süßungskomponenten gesüßten Getränken bildet sich Benzol in der Regel nicht nennenswert aus.

Vermeidung von Schimmelpilzen

Vielmehr verhindern die Ausgangsstoffe Natriumbenzoat und Ascorbinsäure die Ausbildung von Hefen, Schimmelpilzen und Bakterien weit über das ausgewiesene Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus und dienen damit auch dem Schutz der Verbraucher.

Konkret fallen die gelegentlich in Erfrischungsgetränken gemessenen Benzolmengen extrem gering aus - etwa im Vergleich zu den Benzol-Vorkommen in der Umwelt, wo jeder Mensch allein durch seine Atemluft durchschnittlich mehrere hundert Mikrogramm Benzol täglich aufnimmt. In der Natur kommt Benzoesäure etwa in Beeren und Früchten wie Preiselbeeren, Himbeeren, Pflaumen aber auch in Honig oder Champignons vor. Ebenso enthalten Milchprodukte wie Joghurt und Hartkäse natürliche Benzoesäure.

Toxikologisch keine Relevanz

Das Chemische und Veterinär-Untersuchungsamt Karlsruhe kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass der Gehalt an Benzol aller untersuchten Getränke "nach derzeitigem Kenntnisstand als sehr gering und aus toxikologischer Sicht als nicht relevant einzustufen" ist. Unabhängig davon hatte Gehring-Bunte den Benzoateinsatz bereits auf das mikrobiologisch vertretbare Minimum reduziert. Denn - wie auch die Informationszentrale deutsches Mineralwasser bestätigt - "schützt Benzoesäure als eines der wenigen für Erfrischungsgetränke zugelassenen Konservierungsmittel die Produkte vor mikrobiologischem Verderb und hat sich in der Vergangenheit gut bewährt".

Christinen Brunnen nimmt "Multivitamin Diät" in der 1,5 Liter PET-Flasche vorsorglich vom Markt - nicht betroffen sind alle weiteren Multivitamin Getränke

Um aber einer möglichen Verunsicherung der Verbraucher vorzugreifen und das Vertrauen in eine höchstmögliche Qualität seines Produkts weiterhin sicherzustellen, wird das Unternehmen Gehring-Bunte das vom NDR genannte Getränk "Multivitamin Diät 1,5 l" dennoch vorsorglich vom Markt nehmen und es zukünftig ausschließlich mit natürlichem Zucker und dem pflanzlichen Süßstoff Stevia gesüßt wieder in den Markt einführen.

Da sich in mit natürlichen Komponenten gesüßten Getränken Benzol in der Regel nicht nennenswert ausbildet, will das Bielefelder Unternehmen darüber hinaus bis zum Jahresende die Rezepturen aller kalorienreduzierten Getränke auf die natürliche Stevia-Süßung umstellen.

NDR-Beitrag zu Benzol verkürzt Fakten: Viele Hersteller haben schon frühzeitig reagiert

Für Irritationen sorgt die aktuelle Meldung des NDR, wonach "Giftiges Benzol in Erfrischungsgetränken" gefunden wurde. Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. (wafg) hätte es begrüßt, wenn der NDR hierzu die Öffentlichkeit sachlich über die ihm bekannten und von vielen Unternehmen bereits seit Jahren eingeleiteten Maßnahmen zum vorbeugenden Verbraucherschutz informiert hätte. So wird stattdessen der unzutreffende und irreführende Eindruck erweckt, dass sich Wirtschaft und Behörden nicht um das Thema gekümmert hätten.

Die Sendung "Markt" des Norddeutschen Rundfunks (NDR) berichtet heute Abend über einzelne Erfrischungsgetränke weniger Hersteller, in denen nach den Recherchen der Redaktion Benzol nachgewiesen wurde. Betroffene Hersteller haben hierauf zwischenzeitlich bereits reagiert. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen, denn in der Tat ist das Vorkommen von Benzol in Lebensmitteln nach Möglichkeit zu vermeiden bzw. zu minimieren.

Die wafg weist darauf hin, dass zahlreiche der im Verband organisierten Unternehmen ebenso wie die wafg und andere Verbände der Getränkeindustrie bereits vor Jahren intensiv in Abstimmung mit den zuständigen Behörden entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung des unerwünschten Stoffes umgesetzt haben. Dies belegen auch die Ergebnisse von unabhängigen Schwerpunktkontrollen der amtlichen Lebensmittelüberwachung.

Der NDR-Redaktion sind diese Fakten bekannt. Aus Gründen der Transparenz hat sich die wafg deshalb dazu entschieden, die vorab mit dem NDR zum Thema geführte Kommunikation über folgenden Link öffentlich zugänglich zu machen: www.wafg.de/pdf/Kommunikation_NDR.pdf.

Zum Hintergrund:

Bei der gleichzeitigen Verwendung des zur Haltbarmachung von Produkten eingesetzten Konservierungsstoffes Natriumbenzoat und von Ascorbinsäure kann sich möglicherweise in geringen Mengen Benzol bilden. Viele Hersteller von Erfrischungsgetränken haben schon vor Jahren nach Bekanntwerden dieser Annahme hierauf reagiert und Alternativen entwickelt. Diese Maßnahmen basieren auf dem Vorsorgeprinzip, um auch theoretische Risiken nach Möglichkeit zu minimieren.

Bereits 2007 wurde unter anderem das heutige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über diese Entwicklungen informiert. Seitdem haben unabhängige Untersuchungen bestätigt, dass viele Unternehmen ihre Produkte in dieser Hinsicht optimiert haben, was auch vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) dokumentiert wurde

Mehr zum Thema in der Sendung "Markt" am Montag, 22. April 2013, um 20.15 Uhr im NDR Fernsehen.

Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk / Christinen Brunnen / Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. (wafg) (ots)

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