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foodwatch: Kühnes Saure-Gurken-Illusion und andere Traditionsschwindel

Archivmeldung vom 23.09.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.09.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Kühne Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen
Kühne Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen

Von wegen handwerkliche Herstellung und nur natürliche Zutaten! Bei einfachen, traditionellen Lebensmitteln wie Käse, Gemüsekonserven oder Senf steht die traditionelle Herstellungsweise oft nur auf dem Etikett. Tatsächlich verkaufen die Hersteller hochgradig industriell gefertigte Massenware voller Aromastoffe als Naturprodukte nach alter Rezeptur - eine Werbemasche, um höhere Preise für die vermeintlichen Premium-Lebensmittel zu erzielen.

Besonders in den Sauren Gurken in Kühnes "Schlemmertöpfchen" sieht die Verbraucherorganisation foodwatch einen Fall von Etikettenschwindel. "Eigentlich ist es ein ganz einfaches Produkt: Einlegen in Essig und Kräuter - fertig ist die Gewürzgurke. Kühne erzeugt mit Hilfe von billigen Aromen aus dem Labor und Farbstoffen standardisierte Industrieware, bewirbt es aber als Naturprodukt mit jahrhundertealter Tradition", erklärte Anne Markwardt, Leiterin der foodwatch-Kampagne abgespeist.de. "Und das Ergebnis ist auch noch teurer als manche Bio-Gurke, die wirklich traditionell hergestellt wird - mit dieser Gurken-Gaukelei zieht Kühne seinen Kunden das Geld aus der Tasche." Im Online-Portal www.abgespeist.de können sich Verbraucher direkt bei Kühne beschweren.

Die Gurken in Kühnes "Schlemmertöpfchen" enthalten Aromen aus dem Labor und den Farbstoff Riboflavin. In seiner Werbung beruft sich der Hersteller auf eine Tradition "seit 1722", "handverlesene Cornichons" und "beste natürliche Zutaten", die "mit viel Liebe und Leidenschaft" verfeinert würden. "Egal, was in dem Glas steckt - am Ende schmeckt alles nach dem immergleichen Standard-Aroma", so Anne Markwardt von foodwatch. "Produktion im industriellen Maßstab hat mit traditioneller Herstellungsweise wenig zu tun - also sollte die Werbung auch nicht so tun, als ob beides gleichzeitig ginge."

Auch andere Hersteller bieten einfache Natur- und Traditionsprodukte als geschmacks-genormte Industrieware voller Aromen an:

  • Selbst in Gemüsekonserven wie den "Gartenerbsen und Möhrchen" von Bonduelle stecken Aromastoffe - dabei gibt der Hersteller an, dass "Geschmack und Qualität" des "besten Zartgemüses" wegen der "erntefrischen" Verarbeitung erhalten blieben.
  • Die "Pommersche Gutsleberwurst" wird laut Hersteller Rügenwalder "nach alter Tradition" über Buchenholz geräuchert - kommt aber dennoch nicht ohne Aromen aus.
  • Beim "Almette Kräuter"-Frischkäse verspricht Hochland "würzige Herrlichkeit" aus dem "Kräutergarten" - benötigt aber dennoch zusätzliche Aromen.
  • Als "Senf nach alter Art mit Weißwein" verkauft Unilever den "Maille à l'Ancienne" und hält dabei nach eigener Aussage "an Traditionen, den überlieferten Rezepturen und den hohen Qualitätsansprüchen fest". Dass Aromen und Konservierungsstoffe auch schon im "überlieferten" Original-Rezept enthalten waren, darf bezweifelt werden.
  • "Französische Käsetradition" kommt bei Bongrain und seinem "Saint Albray Pfeffergenuss" ebenfalls nicht ohne Aromen-Aufpeppung aus - eine wirklich traditionelle Herstellung wäre vor allem eines: teurer.

Quelle: foodwatch e.V.

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