Acrylamid in Lebensmitteln: Die Verbraucher kennen das Risiko, ändern ihr Verhalten aber kaum
Archivmeldung vom 14.10.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie deutschen Verbraucher sind über das Vorkommen von Acrylamid in Lebensmitteln und über das damit verbundene Gesundheitsrisiko gut informiert. Sie wissen, dass der Stoff nach dem Backen, Braten und Frittieren in stärkehaltigen Lebensmitteln wie Chips, Bratkartoffeln oder Pommes Frites enthalten sein kann. Sie wissen auch, dass der Acrylamidgehalt eines Lebensmittels von der Art und Weise der Zubereitung abhängt.
Dafür befragten die Bonner Wirtschaftspsychologen Vierboom & Härlen 1000
repräsentativ ausgewählte Personen und führten 55 Interviews mit Verbrauchern
und Verbraucherinnen unterschiedlichen Alters. Ferner befragten sie 45 Vertreter
unterschiedlicher Medien, die als Multiplikatoren bei der Kommunikation
gesundheitlicher Risiken bei Lebensmitteln fungieren.
Das Ergebnis: Das
Thema Acrylamid in Lebensmitteln steht im persönlichen Risikoranking der
Verbraucher derzeit nicht an erster Stelle. Gleichwohl ist es gegenwärtig und im
kollektiven Bewusstsein verankert. Die meisten Verbraucher wissen, dass der
Stoff bei der Zubereitung bestimmter Lebensmittel entstehen oder in
Fertigprodukten enthalten sein kann. Acrylamid in Lebensmitteln wird aber nicht
als unmittelbar bedrohlich für die eigene Gesundheit angesehen. Für gefährlicher
als Acrylamid halten die Verbraucher mikrobielle Risiken, wie Salmonellen, oder
Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf ihren Lebensmitteln. Insgesamt gehen
die Befragten mit dem Problem Acrylamid eher rational um: Sie meiden
Lebensmittel, die Acrylamid enthalten könnten zwar nicht, ein Teil der befragten
Verbraucher bereitet Speisen jetzt aber sorgfältiger und nach der Regel
"Vergolden statt verkohlen" zu, damit möglichst wenig Acrylamid entsteht.
Insgesamt ist die Zahl der Verbraucher, die angeben, ihr Verhalten mehr oder
weniger stark geändert zu haben, mit 30-40 Prozent allerdings eher klein. Dabei
gilt: Wer sein Verhalten ändert, ist auch gut informiert.
Mit den teils
widersprüchlichen und komplexen Informationen zur Sicherheit von Lebensmitteln,
die über die Medien auf sie einströmen, können Verbraucher nur schwer umgehen -
auch das zeigt die Studie. Informationen aus dieser Quelle werden zwar
wahrgenommen. Für das eigene Handeln sind Informationen von Institutionen, denen
Vertrauen entgegen gebracht wird, aber wichtiger. Dazu gehören in erster Linie
die Verbraucherberatungen - auch, weil sie vor Ort sind. Staatliche Behörden
rangieren in der "Vertrauensskala" erst an dritter Stelle. Immer gilt: Aussagen
müssen klar und eindeutig sein und konkretes Handeln ermöglichen. Sie sollen so
aufbereitet sein, dass sie eine individuelle Risikoabschätzung und Entscheidung
ermöglichen. Neben der Information über das Risiko erwartet der Verbraucher
Hinweise zum Umgang mit dem Risiko. Dazu zählen zum Beispiel Tipps für die
Zubereitung von Speisen oder Hinweise auf einen potentiell hohen Gehalt an
Acrylamid in einzelnen Produkten.
Das BfR als Institution kannten nur
wenige der befragten Verbraucher. Eine Institution, die unabhängig von
wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Interessen, aufgrund einer
wissenschaftlich basierten Bewertung und in klaren und einfachen Worten über das
Risiko von Acrylamid informiert, hält die große Mehrheit der Befragten aber für
sehr wichtig. Anders als die Verbraucher kannten die befragten Medienvertreter
das BfR gut und gaben an, das Institut als eine Institution zu schätzen, der man
hinsichtlich wissenschaftlich fundierter Aussagen vertrauen könne.
Insgesamt belegen die Ergebnisse der Studie eine gelungene Kommunikation
über das gesundheitliche Risiko von Acrylamid in Lebensmitteln. Das war nach
Einschätzung der Teilnehmer am Abschlussworkshop möglich, weil Institutionen,
die das Verbrauchervertrauen genießen, mit übereinstimmenden Informationen an
die Öffentlichkeit getreten sind. Für das BfR ist die Erkenntnis von besonderer
Bedeutung, dass Verbraucher sich ihre Informationen vorrangig von
vertrauenswürdigen Institutionen vor Ort holen. Für die Risikokommunikation des
Instituts ein klarer Hinweis, noch stärker mit diesen "trustworthy institutions"
zusammenzuarbeiten und die Ergebnisse wissenschaftlicher Risikobewertungen des
BfR in klarer und eindeutiger Sprache an diese wichtigen Multiplikatoren zu
übermitteln.
Die Ergebnisse der Studie wird das BfR in Kürze auf seiner Homepage veröffentlichen.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.