Bio boomt an der Ladentheke - aber nicht auf deutschen Feldern
Archivmeldung vom 12.05.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Naturland Delegiertenversammlung forderte am Donnerstag dieser Woche von den Verantwortlichen in Bund und Ländern, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Bauern in Deutschland weiter von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft umstellen. Bio überzeugt an der Ladentheke, aber die politischen Rahmenbedingungen überzeugen die deutschen Landwirte nicht.
"Förderstopps, bürokratische Hürden und Kürzungen in den
Agrarumweltprogrammen verunsichern die Bauern und wirken hemmend auf
umstellungswillige Bauern", kommentiert Hans Hohenester,
Präsidiumsvorsitzender von Naturland, den Unmut der Öko-Bauern. Im
letzten Jahr wuchs der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland um
14 Prozent auf etwa vier Milliarden Euro.
Die deutsche
Öko-Landwirtschaft hingegen stagniert und kommt dem Markt nicht
hinterher. Versorgungsengpässe von heimischer Bio-Rohware in
einzelnen Produktbereichen sind die Folge.
Die deutschen Öko-Landwirte stehen im Wettbewerb mit den anderen
europäischen Öko-Bauern. Hohenester: "Wenn das Marktwachstum
überwiegend zu Importen führt, verschläft die Politik die Perspektive
für deutsche Bauern. Die Verbraucher werden um die Ökologisierung der
heimischen Landwirtschaft betrogen." Hintergrund sind die schlechten
politischen Rahmenbedingungen für die Öko-Betriebe im internationalen
Vergleich - aber auch im Vergleich der deutschen
Agrar-Förderprogramme. Eine Untersuchung der Universität Hohenheim
belegt, dass Öko-Bauern in Deutschland unterm Strich weniger
Unterstützung erhalten als konventionelle Kollegen.
Gestrichene Umstellungsförderung wiederaufnehmen
Die Umstellungsförderung ist ein wichtiges Instrument, damit
weitere Flächen auf Öko umgestellt werden. Es gleicht die
finanziellen Einbußen aus, wenn die umstellenden Betriebe ihre
Produkte in den ersten zwei Jahre der Umstellungszeit nicht als
Ökoware vermarkten können, aber gleichzeitig höhere Produktionskosten
haben. Nicht einmal mehr eine Handvoll Bundesländer fördert die
Bauern in der schwierigen Umstellungsphase. Naturland fordert die
Bundesländer Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen,
Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Reinland-Pfalz,
Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein auf, die
Förderstopps für umstellungswillige Betriebe aufzuheben und die
heimischen Bio-Bauern an der Wachstumsbranche Bio-Markt teilhaben zu
lassen.
Verteilung der EU-Fördermittel korrigieren
Die Zahlen sind auf dem Tisch. Die allgemeinen
Ausgleichszahlungen, die sogenannte erste Säule der Agrarpolitik,
bleiben unverändert, aber die Agrarumweltzahlungen der zweiten Säule
aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des
Ländlichen Raums (ELER) sollen um bis zu 47 Prozent gekürzt werden.
Das sind die Fördergelder, die für konkrete Leistungen der Öko-Bauern
für Natur und Umwelt bereitgestellt werden. Ausgerechnet in diesem
Zukunftsbereich müssen die Öko-Bauern erfahren, dass für sie die
Verlässlichkeit der Agrarpolitik nicht gelten soll. "Wir appellieren
an Horst Seehofer diese ungerechte und unsinnige Verteilung der
Steuergelder zu korrigieren, sonst gehen über 40 Prozent der
Fördergelder für die Entwicklung der ländlichen Räume schlichtweg
verloren. Wir brauchen eine Investition in Arbeitsplätze und eine
umweltgerechte und tiergerechte Landwirtschaft, damit wir das
Wachstum im Bio-Sektor für die heimische Landwirtschaft, Umwelt und
Gesellschaft nutzen", erläutert Hohenester.
Mit einem Anteil von 30 Prozent am europäischen Bio-Markt ist der
deutsche Bio-Markt der größte innerhalb der EU.
Naturland fördert den Ökologischen Landbau weltweit und ist mit über 46.000 Bauern einer der größten ökologischen Anbauverbände. Als zukunftsorientierter Verband gehören für Naturland Öko-Kompetenz und soziale Verantwortung zusammen.
Quelle: Pressemitteilung Naturland - Verband für ökologischen Landbau e.V.