Auch Speisepilze ungenießbar und gefährlich für den Verbraucher
Archivmeldung vom 11.09.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.09.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine Vielzahl derzeit im Handel angebotener Speisepilze sind für den Verzehr nicht geeignet und können Lebensmittelvergiftungen auslösen. Das bestätigt Prof. Reinhard Agerer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mykologie auf Anfrage von "Profile", dem Wirtschaftsmagazin im Bayerischen Fernsehen.
Über 50 Prozent der Proben von Pfifferlingen, Seitlingen und Champignons, die "Profile" in einer Stichprobe bei Münchner Lebensmitteldiscountern erworben hat und der Deutschen Gesellschaft für Mykologie zu Testzwecken vorlegte, sollte man "dem Verbraucher nicht anbieten", so Agerer, zum Teil seien sie sogar "hochgradig gefährlich".
Frische Speisepilze sind nur zwischen einem und drei Tagen
haltbar. Danach setzt ein Abbauprozess ein, vergleichbar dem Prozess
verderbenden Fleisches. Pilze sind Fleisch ähnlicher als etwa Obst
und Gemüse. Deshalb, so der Toxikologe Prof. Thomas Zilker vom
Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, "muss
man sich das ein bisschen wie eine Verwesung vorstellen und dann ist
das natürlich ungenießbar und im schlimmsten Fall kann das auch
giftig sein." Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von einer so
genannten unechten Pilzvergiftung.
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
(LGL) machte in einer Veröffentlichung vom Juli dieses Jahres die
langen Transportwege der oft aus Polen, Rumänien oder Russland
importierten Speisepilze für faulige, matschige Pilze verantwortlich.
Bei einer Untersuchung von Pfifferlingsproben des LGL waren dort 57%
beanstandet worden.
Da die Verordnung über die Kennzeichnung für Lebensmittel Pilze in
einer fälschlicherweise angenommenen Analogie zu Obst und Gemüse von
einer Mindesthaltbarkeitsangabe befreit, hat der Verbraucher
keinerlei Anhaltspunkte dafür, ob die abgepackten Speisepilze, die er
kauft, genießbar und damit ungiftig seien. Auch in gekochtem Zustand
verliert ein verdorbener Speisepilz genauso wie Gammelfleisch einmal
eingelagerte Giftstoffe nicht.
Prof. Reinhard Agerer wies sowohl das Bundesministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Jahr 2004
(Bundesministerin Künast), als auch das Bayerische Ministerium für
Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz im Jahr 2005 vergeblich auf
diese gesundheitsgefährdenden Sicherheitslücken im deutschen
Verbraucherrecht hin, bisher ohne Reaktion.
Das Bayerische Ministerium für Umwelt, Gesundheit und
Verbraucherschutz verwies auf Anfrage von "Profile" auf die geltende
Rechtslage. Demnach würden in der
Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (Bundesrecht) Pilze wie
Frischobst und Gemüse behandelt, unterlägen also nicht einer
Kennzeichnungspflicht bezüglich Mindesthaltbarkeitsdatum, Pflückdatum
oder Packdatum.
Um die Gesundheit der Verbraucher nicht zu gefährden, fordert der Mykologe Prof. Reinhard Agerer hingegen die Angabe eines Mindesthaltbarkeitsdatums auf den Fertigpackungen: "Uns ärgert das ganz gewaltig" (...) manche Leute spielen mit der Gesundheit der Bevölkerung".
Quelle: Pressemitteilung BR Bayerischer Rundfunk