Skandal um Schlachtabfälle nur Spitze des Eisberges
Archivmeldung vom 13.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer jüngste Fleischskandal in Bayern, bei dem Schlachtabfälle umetikettiert und an Lebensmittelhersteller verkauft worden sein sollen, ist nach Aussagen von foodwatch vermutlich kein Einzelfall. Insgesamt fallen in Deutschland zweieinhalb Millionen Tonnen Schlachtabfälle im Jahr an. Davon sind knapp eine Million Abfälle der so genannten Kategorie 3. Diese Stoffe dürfen nicht in die Lebensmittelkette gelangen, werden allerdings als Tiermehl-Dünger, Kleintierfutter und technische Fette frei gehandelt.
"Die Möglichkeiten für den Missbrauch sind gewaltig", so
Veterinärmediziner Matthias Wolfschmidt, bei foodwatch zuständig für
Kampagnen. "Nur die Schlachthöfe und Entsorgungsunternehmen wissen,
wie viele Abfälle anfallen." Zuständige Behörden der Länder hätten
auf Anfrage eingestanden, keine Informationen zu besitzen.
Was im Einzelnen mit diesen Schlachtabfällen geschieht, ist nicht
nachvollziehbar. Eine Umdeklarierung von Schlachtabfällen zu
Rohstoffen der Lebensmittelindustrie ist auch in größerem Maße
vorstellbar. Ein Beispiel sind so genannte Griebenmehle, die beim
Ausschmelzen von Fetten entstehen. Als Geschmacksverstärker werden
sie in vielen Fertiggerichten eingesetzt, als Würze für die Kruste
von Schweinebraten oder in Muskelaufbaupräparaten für Sportler. Im
Endprodukt ist eine Unterscheidung von Griebenmehlen, die für
Lebensmittel zugelassen sind und denen für Futtermittel nicht mehr
möglich.
"Die Sicherheitslücken bei der Verwendung von Schlachtabfällen
sind skandalös", so Wolfschmidt. foodwatch hatte bereits vor einem
Jahr in dem Report "Alles - außer Kontrolle" den ungeklärten Verbleib
von 124.000 Tonnen Tiermehl aufgedeckt. Seitdem fordert foodwatch von
der Bundesregierung, den Verbleib des Kategorie 3-Materials
aufzuklären. Schlachtabfälle der Kategorie 3 dürften nicht mehr frei
gehandelt werden. Sie müssten Risikomaterial der Kategorie 1 und 2
bezüglich Dokumentation und Überwachung gleichgestellt werden. Zudem
müssten bundesstaatliche Kontrollen die "Kleinstaaterei" in den
einzelnen Ländern beenden.
Rund ein Drittel von jedem Schlachttier landet im Abfall. Dazu
gehören zum Beispiel Euter, Augen, Häute, Innereien, Sehnen, Füße und
Skelettteile. Das daraus hergestellte Tiermehl darf auf Grund der
BSE-Krise seit 2001 europaweit nicht mehr an landwirtschaftliche
Nutztiere verfüttert werden und auf diesem Wege in die Nahrungskette
gelangen.
Hinweis: Der foodwatch Tiermehl-Report kann unter www.foodwatch.de
als PDF-Dokument herunter geladen oder als Druckversion per Post
bestellt werden.
Quelle: Pressemitteilung foodwatch e.V.