Lebensmittel sollen als Lebensmittel verboten werden
Archivmeldung vom 20.09.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer in der parlamentarischen Sommerpause von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner vorgelegte Änderungsentwurf des deutschen Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) sieht mit Änderung des §2 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 vor, angereicherte Lebensmittel, diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel pauschal nicht mehr als Lebensmittel gelten zu lassen, sondern im europäischen Alleingang einer behördlichen Zulassungspflicht zu unterwerfen.
Rechtsanwalt Dr. Thomas Büttner legte im Auftrag des NEM-Verbandes mittelständischer europäischer Hersteller und Distributoren von Nahrungsergänzungsmitteln & Gesundheitsprodukten e.V. beim BMELV (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) wie auch bei der Europäischen Kommission Widerspruch ein. "Eine solche Verfahrensänderung bewirkt immense Kosten im Hinblick auf die Produktregistrierung und behindert so die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produkte in einer existenzbedrohenden Weise", warnt Manfred Scheffler, Präsident des NEM-Verbands. "Es ist der Verbraucher, der zwangsläufig die Verteuerung von Produkten tragen muss, um einen erhöhten Bedarf an Nähr- und Vitalstoffen in Mangelsituationen kompensieren zu können. "Nach unseren Informationen nehmen etwa ein Drittel der deutschen Bundesbürger in irgendeiner Form Nahrungsergänzungsmittel ein!", heißt es seitens des NEM-Verbandes.
Der Gesetzesentwurf verstößt laut Rechtsanwalt Dr. Büttner gegen deutsche Rechtsprechung und bestehendes EU-Recht; "Pauschale Verbotsvorbehalte sind laut aktueller Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes unzulässig" (Büttner, Comed 08/10, S. 98-99; www.nem-ev.de). Das europäische Recht unterscheidet nicht zwischen "normalen Lebensmitteln" einerseits und "angereicherten Lebensmitteln" andererseits. Zulassungspflichtig sind nur solche Zusatzstoffe, die aus technologischen Gründen eingesetzt werden, nicht aber ernährungsphysiologische Stoffe. Nationale Gesetzgeber dürfen auch nur im Einzelfall darstellen, ob aufgrund konkreter Gesundheitsrisiken eine Zulassungspflicht für einen bestimmten Stoff erforderlich ist. "Wir empfinden diesen Akt als wirtschaftlichen Angriff auf die mittelständischen Produzenten und Distributoren von Nahrungsergänzungsmitteln", so Manfred Scheffler. In der Konsequenz verringert sich das deutsche Produktangebot und die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Handel. Der Verbraucher wird in seiner Wahlfreiheit eingeschränkt, was ihn voraussichtlich in den Internethandel treibt. "Wir wollen diesen Missstand öffentlich machen, damit betroffene Verbraucher, Bürger und Unternehmer ihre Meinung gegenüber politischen Instanzen und Bundestagsabgeordneten Kund tun. "Wir hoffen, so Manfred Scheffler, "dass die Bundestagsabgeordneten die Tragweite erkennen und die Gesetzesänderung abgewendet werden kann." Die Kommentierungsfrist beim BMELV ist bis 24. September 2010 verlängert worden.
Quelle: NEM Verband mittelständischer europäischer Hersteller und Distributoren von Nahrungsergänzungsmitteln & Gesundheitsprodukten e. V.