Ein Damokles-Schwert namens Software-Patent
Archivmeldung vom 31.03.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.03.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie IT-Unternehmen üben hierzu zu massive Kritik und sagen EU agiert dabei im Sinne der Konzerne.
Hierzu war im Newsletter bei testicker.de und in einem Artikel aus "IT im Unternehmen" Ausgabe 28/03/2005 folgendes zu lesen:
Noch beim so genannten Job-Gipfel versprach der Bundeskanzler
vollmundig, dem notleidenden Mittelstand tatkräftig helfen zu wollen.
Zeitgleich und fast unbemerkt verabschiedete der Europäische Rat mit
deutscher Stimme eine Richtlinie, die dem Mittelstand statt dessen
größeren Schaden zufügen könnte. Es geht darin um die Patentierbarkeit
computerimplementierter Erfindungen was in der Praxis auf
Softwarepatente hinauslaufen dürfte: Geschäftsmethoden oder
Computerprogramme, die einen technischen Beitrag zum Stand der Technik
leisten, sollen künftig patentierbar sein. Beispiel: Der
Internetbuchhändler Amazon hat in den Vereinigten Staaten das Einkaufen
im Internet per 1-Click patentieren lassen. In den USA dagegen sind
übrigens auch reine Computerprogramme und Routinen patentierbar, was in
der Vergangenheit schon zu zahlreichen Gerichtsverfahren führte. In
Europa wird Software bisher durchs Urheberrecht geschützt. Allerdings
nur der konkrete Programmiercode, nicht aber die Idee oder das
Verfahren an sich.
Angst vor dem Aus
In
Deutschland macht sich derweil nicht nur Unmut, sondern auch Angst
breit: Drei von fünf deutschen IT-Firmen sehen ihre Existenz bedroht.
Dies macht eine vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene
aber wohlweislich nicht veröffentlichte Umfrage deutlich. Im Internet
kursiert eine Teilauswertung der brisanten Ergebnisse.
Demnach fürchten über 60% der befragten IT-Unternehmen, dass
Softwarepatente ihre Existenz gefährden würden. Nur 6,3% der Firmen
sehen sich in der Lage, Softwarepatente selbst zu recherchieren. Viele
Firmen merkten an, dass sie sich eine vollständige Überprüfung aller
bestehenden Softwarepatente niemals leisten könnten. Bei
schwerwiegenden Rechtsstreitigkeiten auf Europa-Niveau träte für kleine
Unternehmen fast automatisch der Insolvenzfall oder die
Geschäftsaufgabe ein. Dadurch fühlen sie sich erpressbar, äußerten
zahlreiche Teilnehmer an der Umfrage. Die US-Erfahrung zeigt, dass
große Konzerne die kleinen Softwarefirmen systematisch aus dem Weg
geräumt oder übernahmereif geschossen hatten. „Diese Ergebnisse machen
deutlich, dass Softwarepatente Gift für die wirtschaftliche Entwicklung
der mittelständischen IT-Wirtschaft sind“, kommentierte Dr. Günter
Krings, Experte für geistiges Eigentum. Der Bundestagsabgeordnete der
Union wirft der EU-Kommission vor, „die Interessen von Bürgern und
Mittelstand“ zu ignorieren. Er befürchtet sogar eine Entfremdung der
Bürger von den europäischen Institutionen. Die arrogante Zurückweisung
der deutschen Parlamentsbitte, diese Richtlinie so nicht zu
verabschieden, verdeutliche das Demokratie-Defizit der EU, wetterte der Politiker.