Microsoft will per Vertrag in die Berichterstattung von PC-Magazinen über die "Office 2007"-Vorabversion eingreifen
Archivmeldung vom 29.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Softwarekonzern Microsoft will in Deutschland die redaktionelle Berichterstattung von Computermagazinen über die Office-2007-Vorabversion kontrollieren. Verlage, die eine Kopie von "Office Professional Plus 2007 Beta 2" auf den Heft-CDs und -DVDs vertreiben möchten, sollen einen Vertrag unterschreiben. Damit sichert sich Microsoft Mitsprache bei den redaktionellen Inhalten und eine Prüfung der Veröffentlichungen zu.
Das berichtet die Zeitschrift
COMPUTERBILD in ihrer aktuellen Ausgabe (12/2006, ab Montag im
Handel). Das Hamburger Computermagazin hat den Vertrag nicht
unterschrieben und verzichtet auf das Programm für die Heft-CD/-DVD.
Nur Verlage, die den Vertrag unterschreiben, bekommen eine Lizenz
des Programms für ihre Heft-Datenträger. Ein Kernpunkt der
"Vertriebsvereinbarung": Die Verlage stellen Microsoft einen Entwurf
der geplanten Artikel zur "Prüfung und Stellungnahme" zur Verfügung.
Die Redaktionen sollen dann bei der Einbeziehung der empfohlenen
Änderungen "kooperieren". Damit sollen etwa "Inkorrektheiten in bezug
auf die Produkte" und eine "Herabsetzung von Microsoft und/oder
jeglichen Produkten" vermieden werden. Außerdem gibt Microsoft in
einer "Anleitung für Verlage zu genehmigten Inhalten" einige
Textpassagen für die Heftveröffentlichung vor.
Der Vertrag regelt auch die Inhalte der Heft-CDs/-DVDs, auf denen
"Microsoft Office 2007" vertrieben wird. So sind etwa sogenannte
"Open-Source-Produkte" auf solchen Datenträgern verboten. Namentlich
wird das kostenlose Büroprogramm "Open Office" genannt. Zwar will
Microsoft zusätzliche Programme "nicht vorschreiben", behält sich
aber das Recht vor, "zusätzliche Inhalte zu genehmigen". Dazu soll
eine Vorabkopie der Heft-CDs/-DVDs zur Prüfung an Microsoft geschickt
werden.
COMPUTERBILD hat sich entschieden, den Vertrag nicht zu
unterschreiben, und verzichtet auf die Verbreitung der
Office-Vorabversion. "Dieser Vertrag ist ein grober Eingriff in die
journalistische Unabhängigkeit", sagt Hans-Martin Burr,
stellvertretender Chefredakteur des Magazins. Sich darauf einzulassen
sei eine Bankrott-Erklärung redaktioneller Freiheit.
Quelle: Pressemitteilung COMPUTERBILD