Wikimedia setzt sich erneut erfolgreich gegen einstweilige Verfügung
Archivmeldung vom 24.05.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH (INSM) ist heute vor dem Oberlandesgericht Köln endgültig mit ihrem Antrag gescheitert, eine einstweilige Verfügung gegen den Verein Wikimedia Deutschland e.V. zu erwirken.
Nachdem das Gericht in der mündlichen Verhandlung seine Einschätzung kundgetan hatte, zog der Kläger seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurück. Anlass für das gerichtliche Vorgehen war ein anonymer Diskussionsbeitrag im Zusammenhang mit dem Artikel über die INSM in der deutschsprachigen Wikipedia.
Der gemeinnützige Verein Wikimedia Deutschland betreibt die Domain wikipedia.de, von der aus Benutzer automatisch auf die Hauptseite der deutschsprachigen Wikipedia (de.wikipedia.org) weitergeleitet werden. Betreiber der Wikipedia ist aber nicht der Verein, sondern die Wikimedia
Foundation, Florida (USA). Dennoch hatte die klagende PR-Agentur versucht, den gemeinnütizen Verein Wikimedia Deutschland für die kritische Meinungsäußerung über die primär von der Industrie finanzierte Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft verantwortlich
zu machen. "Dieses Vorgehen ist für uns völlig unverständlich", sagt Kurt Jansson, Erster Vorsitzender von Wikimedia Deutschland, schließlich sei der Verein nicht Betreiber der Wikipedia und habe weder technischen noch redaktionellen Einfluss auf deren Inhalte.
Aber auch ganz unabhängig von dieser Tatsache hält Jansson die gerichtliche Auseinandersetzung für "von vornherein vollkommen überflüssig und kontraproduktiv". Der Streit drehte sich um einen klar als solchen erkennbaren Diskussionsbeitrag und nicht etwa um falsche Darstellungen im eigentlichen Artikel über die INSM. Zudem war der Eintrag schon nach kurzer Zeit wieder entfernt worden. "Denn die Diskussionsseiten dienen aus Sicht der Community primär der Diskussion über die Weiterentwicklung des entsprechenden Artikels und sind keine
Plattform für Meinungsbekundungen über den Gegenstand des Artikels", erläutert Jansson.
Dass es gerade bei Diskussionen über Artikel zu umstrittenen Organisationen auch mal hoch her geht, ist durchaus nicht ungewöhnlich. "Wer allerdings glaubt, solche Diskussionen und pointierte Meinungsäußerungen auf juristischem Wege generell unterbinden zu können, hat offenbar das Internet noch nicht als sozialen Raum begriffen", sagt Arne Klempert, Geschäftsführer von Wikimedia Deutschland. "Es ist für mich jedenfalls nur schwer vorstellbar, dass man mit ähnlichen Mitteln vorgegangen wäre, wenn in einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung vergleichbare Äußerungen zum Besten gegeben worden wären." Natürlich sei das Internet kein rechtsfreier Raum, und auch die Wikipedia-Community legt Wert darauf, dass keine rechtswidrigen Inhalte verbreitet werden. Dennoch müsse man sich insbesondere bei Äußerungen Einzelner immer die Frage der Verhältnismäßigkeit stellen.
Der Prozess war die mittlerweile dritte gerichtliche Auseinandersetzung gegen Wikimedia Deutschland, wobei sich der Verein in jeder einzelnen Instanz durchsetzen konnte. Vertreten wurde der Verein dabei von der Berliner Kanzlei JBB Rechtsanwälte. "Wir freuen uns über den weiteren Erfolg und sind zuversichtlich, dass wir mittelfristig auch ein schriftliches Urteil erreichen werden, aus dem klar hervorgeht, dass der Verein Wikimedia Deutschland e.V. nicht für die Inhalte der freien Enzyklopädie Wikipedia verantwortlich ist", erklärt Rechtsanwalt
Thorsten Feldmann.
Quelle: Pressemitteilung Wikimedia Deutschland e.V.