Computerspiele nicht verteufeln
Archivmeldung vom 10.06.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn Eltern und Lehrer über Computerspiele reden, herrscht oft Ratlosigkeit. Natürlich ist es wichtig, dass Kinder schon früh lernen mit Computern umzugehen. Aber wie viel ist zuviel und welche Spiele gefährden Kinder und Jugendliche? Amokläufe wie der in Winnenden verstärken die Unsicherheit.
Prof. Dr. Hans Volker Bolay erforscht an der SRH Hochschule Heidelberg
zusammen mit seinen Kollegen und Studierenden die Wirkung von
Computerspielen. Die Fakultät für Musiktherapie und das angeschlossene
Deutsche Zentrum für Musiktherapieforschung (DZM) untersuchen in
Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum Homburg wie Körper und Psyche der
Spieler reagieren.
Prof. Bolay rät Eltern und Lehrern Computerspiele nicht zu verteufeln,
sondern am besten selbst auszuprobieren. Dann können sie Gefahren
besser einschätzen und vielleicht auch die Faszination der Spiele ein
Stück weit nachvollziehen.
Die Ergebnisse der Studie zur Wirkung von Computerspielen sollen unter
anderem der USK (Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle) verlässliche
Grundlagen für die Altersfreigabe von Computer- und Konsolenspielen
geben. Prof. Bolay erhofft sich durch die Studie auch eine
Versachlichung der sehr emotional geführten Debatte: "Sicher
verherrlichen Ego-Shooter-Spiele Gewalt. Bislang fehlen jedoch
wissenschaftliche Belege dafür, was wirklich passiert, wenn Jugendliche
oder Erwachsene sie spielen."
Solche Belege braucht auch die Politik, denn nach dem Amoklauf in
Winnenden sind die Rufe nach Gesetzesänderungen und Verboten lauter
geworden. Mit Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben jetzt die
ersten Bundesländer reagiert und Prof. Bolay und weitere Experten zu
einer Anhörung in den Landtag nach Hannover gebeten. Dabei ging es am
Montag (8.6.09) insbesondere um das Suchtpotential von Computerspielen.
Was Politik wie Eltern überraschen dürfte: Computer spielen macht nicht
dumm. Im Gegenteil, es kann die Aufmerksamkeitsleistung steigern. In
den psychologischen Tests der Heidelberger Wissenschaftler haben
Vielspieler deutlich besser abgeschnitten als Wenigspieler, wenn eine
rasche visuelle Auffassungsgabe und kontrollierte Feinmotorik gefragt
waren.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.